Veränderliche Krabbenspinne (Misumena vatia)

Veränderliche Krabbenspinne (Misumena vatia) –

das Chamäleon unter den Spinnen

Steckbrief:


Körperlänge: ♂: 3-5 mm, ♀: 7-10 mm

Färbung:

  • Weibchen gelb oder weiß, oft mit roten Streifen an den Seiten des Hinterleibs
  • Männchen: dunkelbrauner Vorderkörper und gelblicher Hinterleib mit dunklen Längsstreifen       

Artbeschreibung und Lebensweise:


Die Veränderliche Krabbenspinne (Misumena vatia) gehört zur Familie der Krabbenspinnen. Diese Spinnenart besitzt, wie der Name schon verrät, die Fähigkeit ihre Farbe in gewissem Maße der Färbung der Blüten, in deren Schutz sie auf die Jagd nach Beute geht, anzupassen. Die Veränderliche Krabbenspinne baut nämlich keine Netze, in denen sich ihre Beute verfängt, sondern setzt auf eine Lauerjagdmethode. Sie ist eine typische Lauer- und Ansitzjägerin. Bei dieser Jagdmethode ist eine gute Tarnung Voraussetzung für den Jagderfolg. Zu der Veränderung der Körperfarbe sind jedoch nur die erwachsenen Weibchen in der Lage. Darüber hinaus unterscheiden sich die Weibchen und Männchen deutlich im Hinblick auf die Größe und Färbung. So sind die Männchen mit einer durchschnittlichen Körperlänge von 4 mm deutlich kleiner als die bis zu 10 mm lang werdenden Weibchen. Der Vorderkörper der Männchen ist von schwärzlicher bis dunkelbrauner Färbung, der Hinterkörper ist dagegen weiß bis gelb gefärbt mit zwei dunklen Längsstreifen auf dem Rücken. Während die Hinterbeine ebenso dunkel wie der Vorderkörper sind, sind die beiden vorderen Beinpaare schwarz und braun geringelt.

Die Weibchen können ihre Körperfarbe zwischen grünlich-weiß, weiß und gelb variieren. Oft weisen sie an den Seiten des Hinterleibs einen roten Streifen auf. Dadurch verschwimmen die Konturen der Spinne auch auf rötlichen Blüten, deren Farbe sie nicht annehmen können. Denselben Effekt hat die häufig zu beobachtende grüne Musterung, bestehend aus 2 seitlichen olivgrünen Bändern auf dem Vorderkörper und einem V-förmigen Muster auf dem Rücken.


Die erwachsenen Weibchen der Veränderlichen Krabbenspinne können ihre Körperfärbung in gewissem Umfang der Farbe der Blüten anpassen, in deren Schutz sie auf ihre Beute lauern. Der häufig weiße Körper zeigt oft ein rotes (links) oder grünes (Mitte) Streifenmuster, das die Konturen der Spinne mit denen ihrer Umgebung verschwimmen lässt. Die grünlich-gelbe Färbung der Spinne, die sich den Blütenstand einer Pflanze des Wilden Oreganos (Origanum vulgare) als Jagdrevier auserkoren hat, täuscht ein etwas welkes Laubblatt unterhalb des Blütenstandes vor. Fotos: M. Neitzke

Die gelbe Körperfarbe wird durch die Einlagerung eines flüssigen gelben Farbstoffes in die Zellen der Haut hervorgerufen. Durch die Verlagerung des gelben Pigmentes in das Körperinnere erfolgt eine Veränderung der Farbe von Gelb nach Weiß. Diese kann dann mit dem Kot ausgeschieden werden. Verlagert die Krabbenspinne ihr Jagdrevier von einer weißen auf eine gelbe Blüte, muss der Farbstoff erneut hergestellt werden. Gesteuert wird der Farbwechsel durch den Sehsinn. 



Besonders häufig findet man die Veränderliche Krabbenspinne in den Blütenständen von Dolden- und Korbblütlern, in denen sie sich besonders gut zwischen den Blüten verstecken kann. Mit den vorherrschenden Blütenfarben „Weiß“ und „Gelb“ entsprechen die Arten dieser Familien zudem dem Spektrum des Farbanpassungsvermögen der Spinnen. 


Ein Weibchen einer Veränderlichen Krabbenspinne lauert gut getarnt in dem Blütenstand des Wiesenkerbels. Die Unterseite der Döldchen in der Doppeldolde bietet sich als geeignetes Versteck an, um ungesehen auf Beute zu lauern. Die Fähigkeit der Weibchen der Krabbenspinne ihre Körperfarbe in gewissem Grad ihrer Umgebung anzupassen, in diesem Fall der weißen Farbe der Blüten des Wiesenkerbels, macht ihre Tarnung perfekt. Foto: M. Neitzke


Auch der dichte Blütenstand des Gewöhnlichen Wasserdosts (Eupatorium cannabinum) eignet sich hervorragend für die Veränderliche Krabbenspinne, um sich zwischen den einzelnen Blütenköpfchen zu verstecken. Durch die roten Streifen am Hinterleib der Spinnen verschwimmen die Konturen der Spinne und verschmelzen mit den rosa Blüten. Fotos: M. Neitzke

Die beiden Vorderbeinpaare sind deutlich länger und kräftiger ausgebildet als die beiden Hinterbeinpaare. Zudem sind sie mit Dornen besetzt, die das blitzschnelle Zupacken und Festhalten der Beute ermöglichen. Die beiden Vorderbeinpaare werden meist seitlich vom Vorderkörper weggestreckt. Dabei sind sie entweder leicht angewinkelt oder lang ausgestreckt. In dieser Haltung erinnern sie dem Aussehen von Krabben. Außerdem bewegen sie sich, ähnlich wie Krabben oft seitwärts und rückwärts. Die Beinhaltung und die Fortbewegungsweise: Beides zusammen hat dieser Spinnengattung den deutschen Namen „Krabbenspinne“ eingetragen.


Die beiden Vorderbeinpaare sind bei den Krabbenspinnen deutlich länger und kräftiger ausgeprägt als die beiden Hinterbeinpaare. Verharrt die Spinne in einer Stellung, bei der die beiden Vorderbeinpaare seitlich vom Vorderkörper weggestreckt werden, ähneln sie in ihrem Aussehen einer Krabbe. Fotos: M. Neitzke

Hat eine Krabbenspinne eine Beute mit ihren langen dornenbewährten Vorderbeinen gepackt, lähmt sie ihre Beute, indem sie ihr mit einem Biss mit ihren Kiefernklauen ein schnell wirkendes Gift injiziert. Anschließend wird die Beute ausgesaugt. Zurück bleibt nur die leere Hülle.


Mit ihren dornenbewährten Vorderbeinen packt sie ihre Beute blitzschnell und injiziert ihr anschließend mit ihren Kiefernklauen ein schnell wirkendes Gift. Mit ihren Kieferntastern, die als Tast- und Geschmacksorgane fungieren bringt sie ihre Beute in die richtige Position. Foto: M. Neitzke

Zu den Beutetieren der Veränderlichen Krabbenspinne gehören blütenbesuchende Insekten sehr unterschiedlicher Größe aus vielen verschiedenen Familien, vor allem Fliegen, aber auch Bienen, Wespen, Hummeln und kleine Käfer. Die Beutetiere sind häufig deutlich größer als die Jägerin selbst, wie z.B. verschiedene Schmetterlinge, die ebenfalls zu ihrem Beutespektrum gehören.


Die Beutetiere der Veränderlichen Krabbenspinne sind häufig sehr viel größer als die Jägerin. Zu ihren Beutetieren zählen auch Schmetterlinge, wie der C-Falter (links) und das Landkärtchen (rechts), die beide von dem Weibchen der Veränderlichen Krabbenspinne in dem Blütenstand des Wasserdosts belauert werden. Fotos: M. Neitzke


Die Dunkle Erdhummel (Bombus terrestris) kommt der zwischen den Körbchen des Wasserdosts gut getarnten Veränderlichen Krabbenspinne auf der Suche nach Nektar gefährlich nahe, kann aber letztendlich unbehelligt ihrer Wege ziehen. Fotos: M. Neitzke


Wie nah kann eigentlich ein potentielles Beutetiere der Jägerin kommen? Selbst bei einem Beinkontakt zwischen Igelfliege und der Veränderlichen Krabbenspinne, die mit ausgebreiteten Vorderbeinen zum Angriff bereit ist, kann die Igelfliege noch entkommen. Fotos: M. Neitzke


Auch die Mittlere Keilfleckschwebfliege (Eristalis nemorum) hält einen bemerkenswert geringen Abstand zu der in Blütenstand des Wasserdosts versteckten Veränderlichen Krabbenspinne. Fotos: M. Neitzke.


Ein Weibchen der Veränderlichen Krabbenspinne hat eine Fleischfliege erbeutet. Mit den dornenbewehrten Vorderbeinen hat sie die die Fliege in einem Überraschungsangriff gepackt während sie sich mit den kurzen Hinterbeinen festhält (links). Anschließend wird die gelähmte Beute mit den Kieferntastern in die richtige Position gebracht. Fotos: M. Neitzke


Eine Krabbenspinne lauert in dem Blütenstand der Wegwarte (Cichorium intybus). Eine Ackerhummel (Bombus pascuorum) entdeckt beim Blütenbesuch jedoch noch rechtzeitig die lauernde Spinne und „macht sich rechtzeitig vom Acker“. Fotos: M. Neitzke


Eine Zweifleck-Waldrandschwebfliege (Pipiza noctiluca) hat nicht so viel Glück. Die Gefahr nicht erkennend, läuft sie sogar über die unbeweglich auf dem Blütenkopf lauernden Krabbenspinne und wird von den langen Vorderbeinen blitzschnell gepackt und überwältigt. Fotos: M. Neitzke


Gelähmt durch das injizierte Gift wird die Beute aussaugt Fotos: M. Neitzke


Ganz ungestört kann die Krabbenspinne ihre Mahlzeit nicht genießen. Eine Ackerhummel, die die Blüten der Wegwarte für eine Nektarmahlzeit ansteuert, irritiert die Krabbenspinne so sehr, dass sie mit ihrer Beute unter das Blütenköpfchen umzieht. Fotos: M. Neitzke


Versteckt unter dem Blütenköpfchen kann die Krabbenspinne ihre Mahlzeit in Ruhe beenden. Fotos: M. Neitzke


Die Tarnung der Veränderlichen Krabbenspinne unterhalb des Blütenstandes des Wirbeldosts als Laubblatt war erfolgreich. Durch das Annehmen einer hell gelb-grünliche Färbung ähnelt die Spinne in etwa einem vergilbten Blatt. Der Krabbenspinne ist die Erbeutung einer Rotgefleckten Raupenfliege (Eriothirx rufomaculatus) gelungen. Fotos: M. Neitzke

Aber nicht jede Jagd ist erfolgreich.


Die Krabbenspinne hat eine Mistbiene (Eristalis tenax), die ahnungslos auf dem Blütenstand eines Wiesenkerbels (Anthriscus sylvestris) gelandet ist und die gut getarnte Krabbenspinne nicht bemerkt hat, mit ihren Beinen ergriffen und versucht sie mit einem Biss zu töten, um sie anschließend auszusaugen. Fotos: M. Neitzke


Die Mistbiene ist aber nicht bereit kampflos aufzugeben und versucht sich aus der Umklammerung der Krabbenspinne zu befreien. Fotos: M. Neitzke


Die heftige Gegenwehr der Mistbiene verhindert, dass die Krabbenspinne der Fliege ihr tödliches Gift injizieren kann. Fotos: M. Neitzke


Der Mistbiene gelingt es sich aus der tödlichen Umklammerung der Krabbenspinne zu lösen und zu befreien. Aufgeben ist eben nie eine Option. Fotos: M. Neitzke

Ist ein Jagdrevier nicht mehr ergiebig genug ist ein Umzug angezeigt. Dazu spinnt sie einen Faden mit Hilfe der Spinndrüsen am Hinterleib, der von Luftbewegungen bis zu einer benachbarten Pflanze geweht wird. An diesem kann sie sich dann bis zur nächsten Pflanze hinüber hangeln und dort ihr Glück versuchen.


Gefällt es der Krabbenspinne auf einer Pflanze nicht mehr, richtet sie ihren Hinterleib schräg aufwärts und lässt aus den Spinndrüsen einen oder 2 Fäden austreten. Fotos: M. Neitzke


Der aus der Spinndrüse am Hinterleib der Veränderlichen Krabbenspinne ausgetretene Faden wird von Luftbewegungen bis zu einer benachbarten Pflanze geweht. Anschließend kann die Spinne an der von ihr gesponnenen „Luftbrücke“ zur nächsten Pflanze hangeln. Fotos: M. Neitzke

Aber auch die Krabbenspinne hat Feinde. Zu ihnen gehören Vögel, Fledermäuse, Reptilien und Wegwespen.


Die erwachsenen Tiere der Wegwespenarten der Gattung Arachnospila (links) ernähren sich von Nektar. Ihre Brut versorgen sie mit Spinnen als Proviant. Gefangen werden überwiegend Arten aus der Familie der Krabbenspinnen, wie die Veränderliche Krabbenspinne (rechts), oder der Wolfsspinnen. Fotos: M. Neitzke

Verbreitung:



Die Veränderliche Krabbenspinne ist von Europa über den Kaukasus und Russland bis nach Japan verbreitet. In Nordamerika ist sie ebenfalls vertreten.

Literatur:



Bellmann, H. (2020): Der Kosmos Spinnenführer. Kosmos Verlag, Stuttgart, 1. Aufl. 429 S.

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