Familie Raublattgewächse (Boretschgewächse) - Boraginaceae Juss.

Für die Familie der Raublattgewächse sind gleich 2 deutsche Namen gebräuchlich. Der deutsche Name „Raublattgewächse“ charakterisiert das Erscheinungsbild vieler Arten diese Familie ausgesprochen treffend. Bis auf wenige Ausnahmen zeichnen sich die Arten dieser Familie durch auffallend borstig behaarte Stängel und Blätter aus. Durch eine Einlagerung von Siliziumdioxid (SiO2) und/oder Kalziumcarbonat (CaCO3) in die Wände der Haare erhalten diese eine starre, stechende Beschaffenheit. Die Pflanzen fühlen sich daher in der Regel rau bis borstig, oft sogar stechend oder stachelig an.[2] Die wissenschaftliche Bezeichnung der Familie „Boraginaceae“ bezieht sich auf die zu dieser Familie gehörende Gattung „Borago“, zu Deutsch „Boretsch“. Die Boretsch-Arten sind vor allem als Gewürz- und Heilpflanzen bekannt. Obwohl die Gattung „Borago“ nur mit fünf Arten in dieser insgesamt etwa 2450 Arten aus 142 Gattungen umfassenden Familie vertreten ist, ist die Familie nach ihr benannt.[1] Auch der zweite deutsche, häufig verwendete Name dieser Familie „Boretschgewächse“ ist von der Gattung Borago (Boretsch) abgeleitet.
Die Familie der Boraginaceae (Raublatt- oder Boretschgewächse) ist nach der Gattung Borago (Boretsch) benannt. Ihr wohl bekanntester Vertreter ist bei uns der aus dem Mittelmeerraum stammende Boretsch (Borago officinalis), der als Heil- und Gewürzpflanze kultiviert wird. Foto: M. Neitzke
Verbreitung und Herkunft
Verbreitung: Die Raublattgewächse sind in allen gemäßigten und subtropischen Gebieten der Welt verbreitet. Seltener kommen sie in kühl-gemäßigtem und tropischem Klima vor. Am größten ist die Artenvielfalt im Mittelmeerraum.[1]
Herkunft: Die Familie der Raublattgewächse hat sich vermutlich vor ca. 50 Millionen Jahren, im Känozoikum entwickelt. In Nordamerika wurden zahlreiche Fossilien der Raublattgewächse aus dem Miozän (23,03 – 5,33 Mio. Jahren v. Chr.) und Pliozän (3-5 Mio. Jahren v. Chr.) gefunden.[1]
Verwendung: Viele Vertreter der Raublattgewächse spielen eine wichtige Rolle als Heil- und Gewürzpflanzen sowie als Rohstofflieferanten für die Kosmetik- und Körperpflegeindustrie.[4]
Familienmerkmale
Lebensform: Bei den in Europa heimischen Arten dieser Familie handelt es sich meist um einjährige Kräuter oder Stauden, die nach der Blüte das Laub einziehen.[1,2] Unter den Raublattgewächsen finden sich allerdings auch einige Strauch- und kleine Baumarten, wie beispielsweise die Kordien (Cordia spec.), die in den Tropen und Subtropen verbreitet sind.[1]
Blütenaufbau: Bei aller Verschiedenheit der Formen weisen die Raublattgewächse einen einheitlichen Blütenbau auf. Die einzelnen Blüten sind fünfzählig, d.h. sie bestehen aus fünf Kelchblätter, fünf Kronblättern und fünf Staubblättern. Die Kronblätter sind miteinander verwachsen. Bei gleichem fünfzähligem Grundaufbau der Blüte sind innerhalb der Familie der Raublattgewächse jedoch verschiedene Blütenformen realisiert. So variiert der Grad der Verwachsung der Blütenblätter zwischen den Gattungen beträchtlich. Die Verwachsung kann auf eine mehr oder weniger lange Kronröhre mit trichterförmiger oder flach ausgebreitetem Kronsaum beschränkt sein oder die gesamte Länge der Kronblätter betreffen. Im letzteren Fall entstehen röhren-, glocken- oder trichterförmige Kronen mit mehr oder weniger stark gelappten Rand.

In der Familie der Raublattgewächse sind verschiedene Blütenformen realisiert. Neben radiären Blüten (Boretsch (Borago officinalis), links) treten auch zweiseitig-symmetrische Blüten (Echter Natternkopf (Echium vulgare, Mitte) auf. Die Blütenkronröhre kann trichterförmig erweitert (Echium vulgare) oder röhrenförmig (Gemeiner Beinwell (Symphytum officinale, rechts) sein. Fotos: M. Neitzke

Bei den radiären Blütenformen kann die Blütenkrone sternförmig ausgebreitet sein, ohne die Ausbildung einer deutlichen Blütenkrone. Dies ist beispielsweise beim Boretsch (Borago officinalis, links) der Fall. Bei vielen Gattungen sind die Blütenkronblätter allerdings zu einer mehr oder weniger langen Röhre verwachsen und der 5-lappige Saum radförmig ausgebreitet. In der Blütenökologie werden diese Blüten als „Stieltellerblumen“ bezeichnet. Der ausgebreitete Kronensaum dient den blütenbesuchenden Insekten als Landeplatz. Zu dem Typ der „Stieltellerblumen“ gehören u. a. Arten der Gattung Ochsenzunge (Anchusa spec.), wie die Gemeine Ochsenzunge (Anchusa officinalis), rechts) und der Gattung Vergissmeinnicht (Myosotis spec.). Fotos: M. Neitzke

Zu den Arten mit einer zweiseitig symmetrischen Blüte gehört der Gewöhnliche Natternkopf (Echium vulgare) (links) mit seinen ungleichen Blütenkronzipfeln und der Acker-Krummhals (Anchusa arvensis) (rechts) mit einer gekrümmten Blütenkronröhre. Fotos: M. Neitzke
Typisch für die Familie der Raublattgewächse (Boraginaceae) ist die Bildung sog. Schlundschuppen. Hierbei handelt es sich um Ausstülpungen der Kronblätter nach innen. Diese Schlundschuppen weisen sehr unterschiedliche Ausprägungen auf. So können sie in der Kronröhre verborgen sein, wie beispielsweise beim Beinwell (Symphytum spec.) oder über den Kroneingang herausragen und eine „Nebenkrone“ bilden, wie bei Arten den Gattungen Vergissmeinnicht (Myosotis spec.), Ochsenzunge (Anchusa), Steinsame (Lithospermum) und Hundszunge (Cynoglossum). Die Schlundschuppen sollen den Zugang zu dem sich am Grunde des Fruchtknotens befindenden Nektar erschweren und den Zutritt nur für bestimmte Insektenarten ermöglichen. Darüber hinaus fungieren die Schlundschuppen als Honigmale und zur Führung des Insektenrüssels an der Narbe vorbei.[5]

Bei dem Wald-Vergissmeinnicht (Myosotis sylvatica) ragen die Schlundschuppen über den Schlundeingang hinaus und bilden eine kleine Nebenkrone, bei dem Gemeinen Beinwell (Sympyhtum officinale) sind sie dagegen in der Kronröhre verborgen und an der Bildung des Streukegels beteiligt. Fotos: M. Neitzke

Die gelben Schlundschuppen des Wald-Vergissmeinnichts (Myosotis sylvatica) wirken nicht nur als Sperre für kleinere bestäubungsunfähige Besucher, sondern auch als Staubbeutelattrappen. Zusammen mit den durch Auffaltung im unteren Drittel der Kronblattränder gebildeten schmalen, weißen, sternförmig ausgebreiteten Wülsten, die als Staubfadenattrappen fungieren, dienen sie der Anlockung von potentiellen Bestäubern.[3] Foto: M. Neitzke

Bei der Gewöhnlichen Ochsenzunge (Anchusa officinalis) ist der dunkelblaue bis violette 10 – 15 mm breite Kronsaum bei voll erblühten Blüten ausgebreitet und kann anfliegenden Insekten als Landeplatz dienen. Die weißen, eiförmigen, samtigen Schlundschuppen bilden einen auffälligen Kontrast zu der Blütenkrone (rechts). Hinzu kommen Unterschiede in der UV-Reflexion. Die Schlundschuppen engen den Eingang zu der etwa 7 mm langen Kronröhre ein (links).[9, 10] Fotos: M. Neitzke

Der Nektar wird bei den Blüten der Gewöhnlichen Ochsenzunge (Anchusa officinalis) wie bei allen Raublattgewächsen am Grunde des Fruchtknotens abgeschieden. Die weiße „Nebenkrone“ weist den Insekten den Weg zum Nektar (links: Ackerhummel (Bombus pascuorum), rechts: Honigbiene (Apis mellifera)). Da der Griffel etwas länger als die Staubblätter ist, kommen die Blütenbesucher beim Einführen des Rüssels in die Blüte zuerst mit der Narbe in Kontakt und laden dort den mitgebrachten Fremdpollen ab, erst danach berühren sie die Staubblätter.[9] Fotos: M. Neitzke

Insekten, deren Rüssel lang genug ist, um an den Nektar am Grund der Blütenkronröhre des Wald-Vergissmeinnichts zu gelangen, finden mit Hilfe des „Saftmalringes“ den Eingang zum Schlund und zum Nektar. (links: Große Hummelschweber (Bombylius major), rechts: Honigbiene (Apis mellifera)). Fotos: M. Neitzke
Bei den Raublattgewächsen sind die Staubfäden der 5 Staubblätter mit der Krone verwachsen. Bei einigen Arten bilden Staubblätter einen Streukegel, wie z.B. Arten der Gattung Beinwell (Symphytum) und Boretsch (Borago).[6, 7]

Ein Längsschnitt durch die Blüte der Gewöhnlichen Ochsenzunge (Anchusa officinalis) zeigt die Verwachsung der Staubfäden mit der Kronröhre. Foto: M. Neitzke

Ein Blick von unten in die schwach nickenden Blüten des Boretsches (Borago officinalis) zeigt die Ausbildung eines Streukegels durch die Staubblätter. Deutlich zu erkennen sind die sich um den langen Griffel zusammenneigenden dunklen, langen Staubbeutel und die violetten zahnartigen Fortsätze der Staufäden. Der Boretsch besitzt eine Blütenkrone mit 5 blauen, radförmig ausgebreitet Blättern, mit sehr kurzer Blütenkronröhre. Die weißen Schlundschuppen ragen aus der Blütenkronröhre heraus. Foto: M. Neitzke

Bei dem Boretsch dringen die Insekten nicht durch die Spitze des Streukegels ein, sondern die Bienen (links: Honigbiene (Apis mellifera)) und Hummeln (rechts: Ackerhummel (Bombus pascuorum) versuchen ihr Glück an der Basis des Streukegels. Sie hängen sich an den zahnartigen Fortsatz an der Basis des Staubblattes, der wie ein Hebel wirkt. Der Fortsatz und mit ihm das betreffende Staubblatt werden unter dem Gewicht des Insekts nach unten herausgebogen. Der Streukegel öffnet sich und Pollen fällt auf den Hinterleib des Besuchers.[6] Fotos: M. Neitzke

Der aus den mit Zähnchen besetzen Schlundschuppen, den Staubblättern und dem Griffel gebildete Streukegel schirmt den an der Basis des Fruchtknotens gebildeten Nektar effektiv ab. Die Insekten müssen ihren Rüssel an den Schlundschuppen und Staubblättern vorbeiführen, um an den Nektar zu gelangen. Dies ist nur langrüsseligen Besuchern möglich.[6] Foto: M. Neitzke
Eine weitere Besonderheit innerhalb der Familie der Raublattgewächse ist das Phänomen der Verschiedengriffeligkeit (Heterostylie) bei der Gattung Lungenkraut (Pulmonaria), um eine Fremdbestäubung zu fördern. Das bedeutet, dass bei dem Lungenkraut auf verschiedenen Exemplaren 2 verschiedene Blütentypen vorkommen, die sich durch unterschiedliche Längenverhältnisse von Griffel und Staubblätter voneinander unterscheiden. Der eine Blütentyp besitzt einen langen Griffel, dessen kopfige Narbe über den Schlundeingang hinausragt. Die Staubfäden sind dagegen kurz und die Staubbeutel befinden sich etwa auf halber Höhe der Blütenkronröhre. Bei den kurzgriffeligen Blüten beträgt die Länge des Griffels dagegen lediglich etwa 1/3 der Länge der Kronröhre. Die Staubblätter sind dagegen so lang wie die gesamte Blütenkronröhre. Die Staubbeutel bilden daher auf der Höhe des Eingangs zur Kronröhre einen Kreis.
Charles Darwin (1809 -1882), der sich eingehend mit dem Phänomen der Verschiedengriffeligkeit beschäftigte und durch Experimente untersuchte, gelang es die Bedeutung dieses Phänomens zu erklären. In seinen Versuchen, konnte er nachweisen, dass eine erfolgreiche Befruchtung nur dann stattfindet, wenn der Pollen von langen Staubblättern auf die Narbe eines langen Griffels übertragen wird, bzw. der Pollen kurzer Staubblätter auf die Narbe eines kurzen Griffels. Bei einer Übertragung des Pollens kurzer Staubblätter auf die Narbe eines langen Griffels, bzw. von Pollen langer Staubblätter auf die Narbe eines kurzen Griffels findet nur ein geringer bzw. gar kein Samenansatz statt. Hess Charles Darwin sprach bei der Übertragung von Pollen zwischen gleichlangen Staubblättern und Griffeln von einer legitimen Bestäubung, da nur diese zu einem Samenansatz führte, während er die Pollenübertragung zwischen unterschiedlich langen Staubblättern und Griffeln als illegitim bezeichnete. Charles Darwin untermauerte mit seinen Experimenten die Bedeutung der Verschiedengriffeligkeit für die Fremdbestäubung.

Bei den Blüten des Echten Lungenkrauts (Pulmonaria officinalis) tritt das Phänomen der Verschiedengriffeligkeit auf: Bei dem langgriffeligen Typ ragt der Griffel mit der Narbe über den Schlundeingang hinaus, während die Staubblätter in der Blütenkronröhre verborgen sind (links). Bei dem kurzgriffeligen Typ ist der Griffel tief in der Blütenkronröhre verborgen, während die Staubblätter dieselbe Länge wie die Blütenkronröhre besitzen (rechts). Fotos: M. Neitzke

Eine legitime Befruchtung, bei der es zu einem erfolgreichen Samenansatz kommt, findet nur bei der Übertragung von Pollen zwischen gleich langen Staubblättern und Griffeln statt. Fotos: M. Neitzke
Fruchtknoten: Der Fruchtknoten ist oberständig und besteht in der Regel aus 2 Fruchtblättern. Durch eine echte und eine falsche Scheidewand wird er in 4 Fächer geteilt.[5, 7] Schon während der Blüte ist, wie bei den Lippenblütengewächsen (Lamiaceae) eine tiefe Vierteilung des Fruchtknotens zu erkennen. Zwischen den 4 Fächern steht der meist grundständige Griffel, nur bei der Sonnenwende (Heliotropium) ist der Fruchtknoten ungeteilt und der Griffel endständig. Der Nektar wird von einem Drüsengewebe am Grunde des Fruchtknotens abgeschieden.[5, 7] Bei der Reife zerfällt die Frucht in meist vier 1-samige Teilfrüchte sog. Klausen. Vielfach ist die Oberfläche der Klausen mit Stacheln besetzt oder mit einem Ölkörper (Elaiosom) versehen. Beides dient der Ausbreitung durch Tiere (epizoochore Verbreitung).[3, 7, 11]

Wie bei dem Echten Lungenkraut (Pulmonaria officinalis) befindet sich bei den Vertretern der Raublattgewächse an der Basis des vierteiligen Fruchtknotens ein ebenfalls vierteiliger Nektardiskus. Foto: M. Neitzke
Länge und Weite der Kronröhre entschieden darüber, welche Insekten an den Nektar an der Basis des Fruchtknotens gelangen können und bei der Bestäubung eine Rolle spielen.

Aufgrund der Weite der 15-20 mm langen Blütenkrone des Natternkopfes kann die Dunkle Erdhummel (Bombus terrestris) trotz ihres relativ kurzen Rüssels (8-10 mm) den Nektar am Grund der Blütenkrone erreichen (links). Während sie ihren Kopf tief in die trichterförmige Öffnung der Blüte des Natternkopfes hineinstecken kann, ist dies bei den Blüten des Gemeinen Beinwells mit ihren engen Blütenkronröhren nicht möglich. Durch Anbohren der Kronröhre unterhalbe des Streukegels oder auf Höhe des Fruchtknotens, können sie aber auch trotz ihrer kurzen Rüssel an den Nektar gelangen und begehen „Nektarraub“ (manchmal sogar gemeinschaftlich) (rechts). Fotos: M. Neitzke

Auch der Rüssel der Honigbiene (Apis mellifera) ist mit 6,3 – 6,7 mm zu kurz, um auf „legalem Weg“ an den Nektar der Blüten des Gemeinen Beinwells zu gelangen. Auch sie bemächtigt sich des Nektars des Beinwells durch Anbohren der Kronröhre (rechts). Häufig benutzt sie aber auch bereits vorhandene Löcher, die von anderen Insekten, wie z.B. der Dunklen Erdhummel (Bombus terrestris) (links) in die Blüte gebissen wurden. Deutlich sind die Löcher in der Kronröhre in Höhe der Kelchblätter zu erkennen, die die Dunkle Erdhummel hinterlässt und Insekten mit kurzen Rüsseln den Zugang zum Nektar ermöglich. Fotos: M. Neitzke

Während die kurze, 7 mm lange Kronröhre der Gewöhnlichen Ochsenzunge (Anchusa officinalis) den Männchen der Wiesenhummel (Bombus pratorum) den Zugang zum Nektar am Grund des Fruchtknotens ermöglicht (links), ist ihr nur 9-10 mm langer Rüssel für die etwa 14 mm langen Blüten des Gemeinen Beinwelle (Symphytum officinale) zu lang. Um trotzdem in den Genuss des Nektars zu gelangen, bohrt sie die Krone unterhalb des Streukegels an und begeht „Nektarraub“ (rechts). Fotos: M. Neitzke

Wie bei der Gewöhnlichen Ochsenzunge (Anchusa officinalis) (links) zerfällt bei der Mehrzahl der Raublattgewächse der Fruchtknoten bei der Reife in vier 1-samige Teilfrüchte (Klause). Diese tragen häufig kleine Ölkörper (Elaiosom), die im Dienst der Verbreitung durch Ameisen stehen. An den Klausen des Boretsches (Borago officinalis) sind die hellen Ölkörper deutlich von den dunklen Samen abgesetzt (rechts). Fotos: M. Neitzke

Bei der Echten Hundszunge (Cynoglossum officinale) sind die unreifen abgeflachten, eiförmigen Teilfrüchte auf der ganzen Oberfläche mit widerhakigen Stacheln besetzt. Diese dienen der epizoochoren Verbreitung, indem sie die Früchte an dem Fell vorbeistreifender Tiere (z.B. Rehe, Kaninchen) anheften (Kletthafter).[3] Fotos: M. Neitzke

Die Samen des weiß blühenden Echten Steinsamens (Lithospermum officinale) sind steinhart und glänzend glatt. Fotos: M. Neitzke
Blütenstand: Die Blüten der Raublattgewächse sind in Wickeln oder Doppelwickeln angeordnet.[7, 11] Bei einem Wickel handelt es sich um einen Blütenstand bei dem die mit der Endblüte abschließenden Hauptachsen jeweils nur von einem Seitenast fortgeführt werden, wobei die aufeinanderfolgenden Triebgenerationen abwechselnd nach rechts und nach links fallen.[12]

Der Blütenstand des Wald-Vergissmeinnichts (Myosotis sylvatica) ist ein einfacher Wickel. Foto: M. Neitzke

Der Blütenstand des Gewöhnlicher Beinwells (Symphytum officinale) ist eine Doppelwickel. Foto: M. Neitzke

Auch der Blütenstand der Gewöhnlichen Ochsenzunge (Anchusa officinalis) ist eine Doppelwickel. Fotos: M. Neitzke
Blätter: Die Blätter der Arten der Raublattgewächse in der Regel ungeteilt und wechselständig. Die deutschen Artnamen dieser Familie beziehen sich auffällig oft auf eine vermeintliche Ähnlichkeit der Blätter mit den Zungen von Tierarten, wie beispielsweise Hundszunge (Cynoglossum), Rindszunge (Buglossoides) oder Ochsenzunge (Anchusa).

Die Vertreter der Raublattgewächse zeichnen sich durch eine wechselständige Blattstellung aus (links: Gemeiner Beinwell (Symphytum officinale), Mitte: Echtes Lungenkraut (Pulmonaria officinalis), rechts: Gewöhnliche Ochsenzunge (Anchusa officinalis). Fotos: M. Neitzke
Zusammenfassung der Merkmale der Raublattgewächse (Boraginaceae) (nach Jäger, E. J. (2011)):
- In Mitteleuropa nur krautige ein- oder mehrjährige Arten
- Meist steifhaarig (daher auch der deutsche Familienname „Raublattgewächse“ gebräuchlich
- Blätter wechselständig
- Blätter ungeteilt, selten gelappt bis fiederschnittig (z.B. Phacelia (Büschelschön))
- Blätter ohne Nebenblätter
- Blüten meist fünfzählig, Krone verwachsenblättrig
- Blüten radiär, selten schwach dorsiventral (z.B. die Gattung Echium (Natternkopf))
- Blüten zwittrig
- Blüten in Wickeln oder Doppelwickeln
- Krone oft mit 5 hohlen (Ausstülpungen der Kronblätter), seltener in Haarbüschel (z.B. Pulmonaria) aufgelösten Schlundschuppen zwischen denn Staubblättern
- Staubblätter 5 in die Kronröhre, Filamente mit der Wand der Kronröhre verwachsen
- Fruchtknoten oberständig, 2blättrig, durch eine echte und eine falsche Scheidewand in 4 Fächer geteilt, dazwischen der meist grundständige Griffel, selten 2 Griffel
- Frucht bei der Reife meist in 4 1samige, oft bestachelte Teilfrüchte (Klausen) zerfallend, selten in 2 2samige Teilfrüchte zerfallend oder Kapsel (Phacelia)
Literatur:
- Bayton, R. & S. Maughan (2018): Pflanzenfamilien. Haupt, Bern, 224 S.
- Danert, S., Fukarek, F. Hammer, K., Hanelt, P., Keller, J., Kruse J., Gladis, Th. & J. Schultze-Motel (1994): Urania-Pflanzenreich – Blütenpflanzen 2., Urania- Verlag, Leipzig, Jena, Berlin, 609 S.
- Düll, R. & Kutzelnigg, H. (1994): Botanisch-ökologisches Exkursionstaschenbuch. Quelle & Meyer, Wiesbaden.
- Frohne, D. & U. Jensen (1998): Systematik des Pflanzenreichs. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, 5. Aufl., 371 S.
- Graf, J. (1975): Tafelwerk zur Pflanzensystematik. J.F. Lehmanns Verlag, München. 161 S.
- Hess, D. (1990): Die Blüte. 2. Aufl., Stuttgart, Ulmer, 458 S.
- Jäger, E.J. (Hrsg.) (2011): Rothmaler - Exkursionsflora von Deutschland. Gefäßpflanzen: Grundband. 20. Aufl., Springer Spektrum, Berlin Heidelberg.
- Karg, S. & E. Weber (2019): Heilsam, kleidsam, wundersam. Pflanzen im Alltag der Steinzeitmenschen. Wbg THEISS, 112 S.
- Kugler, H. (1970): Blütenökologie, Gustav Fischer Verlag, Stuttgart, 345 S.
- Schauer, Th. & C. Caspari (1978): Pflanzenführer. BLV Verlagsgesellschaft mbH, München, 417 S.
- Senghas, K. & Seybold, S. (2003): Schmeil – Fitschen - Flora von Deutschland. 92. Aufl., Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim.
- Weberling, F. (1981): Morphologie der Blüten und Blütenstände. Eugen Ulmer, Stuttgart, 391 S.