Die Hornisse (Vespa crabro) gehört zu den Faltenwespen (Vespidae). Die Hornisse ist die größte mitteleuropäische Wespenart. Ihre beeindruckende Größe hat ihr den Spitznamen „Adler unter den Insekten“ beschert (Körperlänge: Arbeiterin: 18 - 24 mm, Drohne: 21 - 28 cm, Königin: 25 -35 mm). Die Vorderflügel werden bei den Faltenwespen in Ruhestellung in Längsrichtung gefaltet, wodurch die Flügel bei sitzenden Tieren auffallend schmal wirken.
Eine Hornisse (Vespa crabro) besucht die Blüten des Efeus (Hedera helix), um den von den Blüten reichlich abgeschiedenen Nektar aufzunehmen. Deutlich ist das schmale Erscheinungsbild der Flügel zu erkennen. Dieses kommt dadurch zustande, dass die Hornisse, wie alle Faltenwespen, ihre Flügel in Ruhestellung einfaltet. Foto: M. Neitzke
Auf den ersten Blick weist die charakteristische Färbung der Hornissen eine große Ähnlichkeit mit der typischen Musterung von Wespen auf. Jedoch sind die Hornissen sehr viel bunter als ihre kleineren Verwandten. So sind der Kopf, die Brust und auch der Hinterleib nicht nur schwarz-gelb gestreift, sondern weisen zusätzlich eine ausgedehnte rote bzw. kastanienbraune Zeichnung auf. Der erste Abschnitt des Hinterleibs der Hornisse ist auffällig dreifarbig. Auf einen breiten rot-braunen Streifen folgt ein noch breiterer schwarzer. Den Abschluss bildet ein schmaler gelber Saum. Die übrigen Hinterleibsabschnitte sind überwiegend von einem satten gelb mit einem schwarzen tropfen- bzw. keilförmigen Muster. Allerdings sind die Form und die Ausdehnung der Zeichnung sehr unterschiedlich.
Ein Blick auf den Rücken lässt das schwarze, tropfen- bzw. keilförmige Muster auf den gelben Hinterleibsabschnitten sowie die kastanienbraune und schwarze Färbung des 1. Hinterleibsegmentes und der Brust deutlich erkennen. Foto: M. Neitzke
In Deutschland tritt die Hornisse in 2 Farbformen auf, die sich in ihrer Verbreitung unterscheiden. Im Westen und Süden finden wir die als Vespa crabro germana bezeichnete, im Norden Deutschlands die als Vespa crabro crabro geführte Form. Beide Formen unterscheiden sich durch die Färbung des Kopfes und der Brust. Typisch für die Mitteleuropäische Hornisse (Vespa crabro germana) ist die schwarze Färbung der Mittelbrust mit dem kastanienbraunen V-Zeichen. Die Brust von Vespa crabro crabro ist dagegen in der Regel einfarbig schwarz.
Das kastanienbraune V-förmige Zeichen auf der schwarz gefärbten Mittelbrust ist ebenso wie das kastanienbraune Schildchen (Scutellum) und die kastanienbraune Vorderbrust (Pronotum) bei einem Blick auf den Rücken von Vespa crabro germana deutlich zu erkennen. Fotos: M. Neitzke
Der Kopfschild ist rein gelb gefärbt. Eine schwarze Zeichnung wie bei den anderen Arten aus der Familie der Faltenwespen (z.B. Gewöhnliche Wespe (Vespula vulgaris), Deutsche Wespe (Vespula germanica) fehlt.
Im Unterschied zu der Gemeinen und der Deutschen Wespe ist der Kopfschild der Hornisse rein gelb. Foto: M. Neitzke
Charakteristisch für die Gemeine Wespe (Vespula vulgaris) ist die schwarze Zeichnung in Form eines Ankers auf dem gelben Kopfschild. Sie ist ein wichtiges Merkmal, um sie von der Deutschen Wespe (Vespula germanica) zu unterscheiden. Bei der Deutschen Wespe besteht die Zeichnung in der Regel aus drei, in Form eines Dreiecks angeordneten, schwarzen Punkten, seltener aus nur einem.
Der gelbe Kopfschild der Deutschen Wespe (Vespula germanica) (links) und der Gemeinen Wespe (Vespula vulgaris) (rechts) weisen eine charakteristische schwarze Zeichnung, bestehend aus 3 schwarzen Punkten bzw. einem schwarzen Anker, auf. Fotos M. Neitzke
Das Aussehen des Kopfes wird durch die großen, nierenförmigen Augen dominiert, die seitlich am Kopf liegen und bis zur Oberseite des Kopfes reichen. Hornissen besitzen wie alle Insekten sog Facetten- oder Komplexaugen, die ihnen ein Sehen von Bildern ermöglichen. Facettenaugen bestehen aus zahlreichen Einzelaugen, von denen jedes mit einem eigenen Nervenende verknüpft ist. Die Form und Anordnung der Augen erlauben den Hornissen einen ausgesprochen guten Rundumblick, ohne dass sie dafür auch nur den Kopf bewegen müssen. Außerdem können Hornissen sich schnell bewegende Objekte sehr gut wahrnehmen, da die Komplexaugen ein hohes zeitliches Auflösungsvermögen gestatten. Sie werden dadurch zu hervorragenden Jägerinnen.
Die Hornissen besitzen große, nierenförmige Komplexaugen, die ihnen einen hervorragende Rundumsicht erlauben. Foto: M. Neitzke
Zusätzlich zu den zwei großen Komplexaugen besitzen die Hornissen auf der oberen Fläche des Kopfes, dem Scheitel, drei punktförmige Nebenaugen, die sog. Ocellen. Sie sind in einem nach hinten offenen Dreieck angeordnet. Sie sollen eine Rolle bei der Steuerung der Tagesaktivität, der Navigation und bei der Lagekorrektur im Flug eine Rolle spielen.
Auf dem Scheitel besitzt die Hornisse zusätzlich zu den großen Komplexaugen kleine Punktaugen. Foto: M. Neitzke
Als Nahrung für ihre Brut, die eine eiweißreiche Kost benötigt, jagen Hornissen andere Insekten, u.a. auch Wespen. Als Kohlenhydratquellen nutzen erwachsene Tiere Nektar verschiedener Blüten sowie Baumsäfte oder reife Früchte.
Eine Hornisse (Vespa crabro) hat in ihrem Jagdgebiet, einem Efeubusch (Hedera helix) eine Gemeine Wespe (Vespula vulgaris) erbeutet. Foto: M. Neitzke
Die Mundwerkzeuge bei den Hornissen sind kurz (etwa 1,5 mm) und können nur zum Auflecken von offen dargebotenem Nektar verwendet werden.
Die Hornissen lecken mit ihren kurzen Mundwerkzeuge den Nektar von den Büten des Efeus (Hedera helix). Fotos: M. Neitzke
Beim Abschlecken des von dem Griffelpolster der Blüte abgeschiedenen Nektars bleibt der Pollen aus den Staubbeuteln im Gesicht der Hornisse hängen und kann zu anderen Blüten weiter transportiert werden.
Das mit dem gelben Pollen des Efeus bestäubte Gesicht der Hornisse zeigt dies sehr eindrücklich. Foto: M. Neitzke
Die Hornisse hat sich bei ihrem Spaziergang über die Dolde des Efeus am ganzen Körper mit gelbem Pollen eingestäubt. Fotos: M. Neitzke
Der Pollentransport findet nicht nur mit dem Gesicht, sondern mit dem gesamten Körper statt. Während die Hornisse über die Dolde des Efeus läuft, um sich am Nektar der zahlreichen einzelnen Blüten zu bedienen, streift sie mit ihrer Körperbehaarung den Pollen von den Staubbeuteln. Dieser kann dann auf die Narben anderer Blüten abgeladen werden. Deutlich ist der gelbe Pollen an den Körperhaaren der Hornisse zu sehen.
Auch in der dichten Behaarung der Brust ist der Pollen hängen geblieben. Foto: M, Neitzke
Die Hornissen spielen bei der Bestäubung, der von ihnen aufgesuchten Blüten also eine wichtige Rolle.
Eine weitere wichtige Rolle im Naturhaushalt kommt der Hornisse in ihrer Funktion als Insektenjägerin zu. Die Insektenjagd dient der Versorgung der Brut, die auf eine eiweißreiche Nahrung angewiesen ist. Das Spektrum der möglichen Beutetiere ist ausgesprochen vielfältig und umfasst neben Wespen auch Bienen. Ein gesundes Bienenvolk wird dadurch nicht geschädigt. Den größten Anteil machen Fliegen aus, darunter sehr viele vom Menschen als Schadinsekten eingestufte Arten. Dazu gehören auch die als Forstschädlinge bekannten Raupen des Eichenwicklers (Tortix viridana) oder der Gemeinen Kiefernbuschhornblattwespe (Diprion pini), die die Hornissen von befallenen Bäumen absammeln. Pro Tag kann bei mittlerer Volksstärke die beträchtliche Menge von bis zu 500 g Insekten erbeutet werden. Das entspricht in etwa der Menge, die 5 bis 6 Meisenfamilien an ihre Jungen verfüttern.
Hornissen sind geschickte Jägerinnen, die ihre Beute in einem rasanten Sturzflug, meist auf kurze Distanz, angreifen. Sie setzen dabei auf Überrumpelung und Schnelligkeit, indem sie blitzschnell auf ihre potentielle Beute aus der Luft herabstoßen. Diese Jagdmethode hat ihnen den Spitznamen „Falke unter den Insekten“ eingetragen. Im freien Flug können Hornissen im Durchschnitt Geschwindigkeiten von 20-42 km/h (6m/s) erreichen. Während des Sturzfluges bei einem Angriff auf ein Beutetier dürften kurzzeitig sogar noch höhere Spitzengeschwindigkeiten erreicht werden.
Eine Hornisse patrouilliert in ihrem Jagdgebiet, einem Efeubusch. Foto: M. Neitzke
Schmetterlinge, wie hier ein Tagpfauenauge (Inachis io) in ihrem Jagdrevier erregen ihren Ärger und veranlassen sie zu Angriffen. Foto: M. Neitzke
Die Hornisse hatte Jagdglück. Sie hat eine Gemeine Wespe (Vespula vulgaris) erbeutet. In der Regel tötet die Jägerin ihre Beute rasch durch Bisse mit ihren kräftigen Mundwerkzeugen. Der Giftstachel der Hornisse kommt nur bei sehr heftiger Gegenwehr der Beute beim Töten zum Einsatz. Foto M. Neitzke
Die Hornisse fliegt nur selten nach erfolgreicher Tötung der Beute sofort mit dieser zum Nest.
In den meisten Fällen, vor allem bei größeren Opfern, werden diese noch am Ort des Jagdglücks zerlegt. Beine, Flügel, Kopf und Hinterleib werden abgetrennt. Verwendet wird nur die eiweißreiche Brust. Dieses „Tranchieren“ der Beute erfolgt meist kopfüber an einem Bein hängend.
Nach erfolgreicher Jagd wird das Opfer oft gleich an Ort und Stelle zerlegt. Die Hornisse hängt dabei meist kopfüber an einem Bein, wie hier in der Dolde des Efeus. Fotos: M. Neitzke
Der Hinterleib wird von der Brust abgetrennt. Fotos: M Neitzke
Verwendet wird in der Regel nur der muskuläre Thorax, den die Hornisse gründlich zu einem kugelförmigen, fleischigen Brei zerkaut und mit diesem Fleischpäckchen ins heimische Nest zurückkehrt.
Auch Honigbienen gehören zum Beutespektrum der Hornissen.
Diesmal hat die Hornisse eine Honigbiene erbeutet. Fotos: M. Neitzke
Der Hinterleib wird „fachgerecht“ vom Rest des Körpers abgetrennt. Fotos: M. Neitzke
Kopf und Flügel bleiben, ebenso wie der Hinterleib und die Beine am „Tatort“ zurück.
Nach der Ankunft im heimischen Nest, verfüttert die Jägerin die mitgebrachte Beute entweder selbst an die hungrigen Larven oder übergibt das Fleischpakt an ihre Nestgenossinnen weiter, die im „Innendienst“ als Brutpflegerin tätig sind.
Der Admiral (Vanessa atalanta) in ihrem Revier reizt die Hornisse zu einem Angriff. Fotos: M. Neitzke
Aber hier scheint sich die Hornisse überschätzt zu haben. Durch die Wucht des Aufpralls fällt sie auf den Rücken. Fotos: M. Neitzke
Wespen und Honigbienen gehören zu dem Beutespektrum der Hornisse. Fotos: M. Neitzke
Literatur:
Bellmann, H. (2017): Bienen, Wespen, Ameisen. Franckh-Kosmos, Stuttgart.
Kugler, H. (1970): Blütenökologie, Gustav Fischer Verlag , Stuttgart,2. Aufl. 345 S.
Chinery, M. (2002): Buch der Insekten, Parey, Berlin, Wien, 3. Aufl. 328 S.
www.hornissenschutz.de (Thomas Rickinger)
www.hornissenschutz.ch (Hrsg. Andi Roost)