Insekten und Körperpflege



Biodiversität und Kosmetik -

oder was haben Insekten mit unserer täglichen Körperpflege zu tun?




  • Bedeutung der Insekten für die Bestäubung
  • Insektenbestäubung und Nahrungsmittelsicherheit
  • Bedeutung der Insektenbestäubung für die Kosmetikindustrie
  • Bedeutungswandel der Pflanzen für die Herstellung von Kosmetika und Körperpflegeprodukten
  • Gemeinsame Evolution von Bienen und Blütenpflanzen
  • Pflanzeninhaltsstoffe als Rohstoffe für Kosmetikindustrie

          Sekundäre Pflanzenstoffe

               Gerbstoffe

               Bitterstoffe

               Saponine

               Pflanzliche Duftstoffe in der Kosmetik und Körperpflege

        Pflanzliche Reservestoffe in der Kosmetik und Körperpflege

              Fette

              Schleimstoffe

  • Gefährdung der Pflanzenvielfalt



Bedeutung der Insekten für die Bestäubung


Jetzt fliegen sie wieder, die Honigbienen und ihre wilden Verwandten, zu denen auch die pelzigen Hummeln gehören. Landwirte und Gartenbesitzer freuen sich, verspricht doch ihre unbezahlte und unbezahlbare Dienstleistung der Bestäubung eine reiche und qualitativ hochwertige Ernte. Unterstützt werden sie bei ihrer Arbeit durch andere Insekten, wie z.B. Fliegen, Schmetterlinge und Käfer. Die Bestäubung von Pflanzen ist die Voraussetzung für die Befruchtung und damit die Bildung von Samen und Früchten und somit für die Vermehrung und den Fortbestand der Pflanzen.


Eine Ackerhummel (Bombus pascuorum) bei der Bestäubungsarbeit in der Blüte einer Wilde Malve. Die Wilde Malve (Malva sylvestris)  hat sich aufgrund ihres hohen Schleimgehaltes einen festen Platz in der Pflege von trockener, empfindlicher und reifer Haut erobert. Sie wächst wild an Wegrändern, auf Schutt und an Mauern. Foto: M. Neitzke

Insektenbestäubung und Nahrungsmittelsicherheit


Etwa 70 % der weltweit angebauten 124 Nutzpflanzen sind auf Insektenbestäubung angewiesenen. In Deutschland sind es sogar 84 %. Zu ihnen gehören viele unserer Obstsorten, sowie unsere Ölsaaten, z.B. Sonnenblumen und Raps. Aber auch uns lieb gewonnene Genusspflanzen wie Kakao, Kaffee und Tabak oder wichtige Faserpflanzen wie Baumwolle und Leinen oder die als pflanzlicher Eiweißlieferant bedeutsame Sojapflanze werden von Insekten bestäubt. Zwar werden etwa 90 % der weltweiten Erntemengen an Grundnahrungsmitteln von Pflanzen produziert, die durch Wind bestäubt werden oder zur Selbstbestäubung in der Lage sind, wie die zu den Gräsern gehörenden Getreidearten, Reis, Mais, Hirse und Zuckerrohr, doch würde unser Speisezettel recht eintönig ausfallen, wenn wir in Zukunft nur auf die Nahrungsmittel angewiesen wären, die ohne die Bestäubung durch Insekten produziert werden könnten.


Viele Obst-, Öl- und Faserpflanzen, aber auch der Buchweizen werden durch Insekten bestäubt. Fotos: M. Neitzke



An der Bestäubung der Erdbeere sind viele verschiedene Insekten beteiligt. Fotos: M. Neitzke

Bedeutung der Insektenbestäubung für die Kosmetikindustrie


Während die Bedeutung der Insektenbestäubung für unsere Ernährung immer mehr Menschen bewusst wird, machen sich nur wenige von uns klar, welche Rolle die Insektenbestäubung von Pflanzen, in vielen anderen Bereichen unseres Alltagslebens, etwa der Körperpflege und Kosmetik spielen. Auch der weit überwiegende Teil der als Rohstoffquelle für die Kosmetikindustrie dienenden Pflanzen wird nämlich durch Insekten bestäubt. Dies trifft für über 80 % der Pflanzen zu, die laut einer EU-Verordnung in kosmetischen Mitteln Verwendung finden. In der Europäischen Union ist seit 1997 die Angabe der kosmetischen Inhaltsstoffe nach dem sog. INCI (International Nomenclature of Cosmetic Ingredients) vorgeschrieben. Dies schließt die pflanzlichen Rohstoffe mit ein, da auch diese ein allergisches Potential besitzen können. Die 2800 aufgeführten Pflanzen stammen aus allen Ländern und Lebensräumen der Erde, allen voran den tropischen Regenwäldern. Aber auch in Deutschland heimische Pflanzen spielen als Rohstofflieferanten für die Kosmetikindustrie eine Rolle. Der Beitrag unserer einheimischen Flora erscheint mit knapp 15 % an den in der INCI-Datenbank gelisteten Pflanzen, zwar gering. Ihr Anteil an der heimischen Flora ist mit ungefähr 24 % für mitteleuropäische Verhältnisse aber beachtenswert. Allerdings sind die als Rohstofflieferanten für die Kosmetikindustrie verwendeten heimischen Pflanzen sehr unterschiedlich auf die verschiedenen Lebensräume in Deutschland verteilt.[1, 2, 12, 14, 15, 16, 31, 32, 33, 34] Mit durchschnittlich 80 % werden auch von ihnen die meisten von Insekten bestäubt. Wie wichtig die Insekten also letztendlich für Schönheit und Gesundheit sind, verrät uns ein genauerer Blick in die Pflanzenwelt.



Bedeutung der Pflanzenvielfalt mitteleuropäischer Lebensräume und die Bestäubung durch Insekten für die Kosmetikindustrie. Fotos: M. Neitzke

Bedeutungswandel der Pflanzen für die Herstellung von Kosmetika und Körperpflegeprodukten


Die Verwendung pflanzlicher Rohstoffe für die Herstellung von Kosmetika und Körperpflegeprodukten blickt auf eine lange Geschichte zurück. Als Wiege der Kosmetik wird das Alte Ägypten (4000 v. Chr.) betrachtet. Neben Mineralien verwendeten die Ägypter auch Pflanzen zur Herstellung von Schminke, Salben, Duftölen und Parfüms. Auch die Gewinnung ätherischer Öle zur Parfümierung hat eine lange Tradition, wie der Fund eines 5000 Jahre alten Destilliergerätes in Mesopotamien, das eindeutig mit der Gewinnung von ätherischem Öl in Verbindung gebracht werden konnte, zeigt.

Mit Entwicklung der chemischen Industrie wurden sie vielfach durch synthetische Rohstoffe ersetzt und verloren an Bedeutung. Aufgrund der steigenden Nachfrage der Verbraucher nach biobasierten und nachhaltigeren Produkten in den letzten Jahren, setzt die Kosmetikindustrie zunehmend wieder auf pflanzliche Rohstoffe. Der Anteil an pflanzlichen Rohstoffen schwankt je nach Kosmetik-Kategorie jedoch beträchtlich. Naturkosmetik muss zu mindestens 50 % und Biokosmetik zu mindestens 95 % aus pflanzlichen Inhaltsstoffen bestehen. Auch konventionelle Kosmetikprodukte können pflanzliche Rohstoffe enthalten. Pflanzen halten eine Fülle von Inhaltssoffen mit breitem Nutzungsspektrum für die Kosmetikindustrie bereit. Die Kosmetikindustrie hat längts den Wert der Biodiversität als Reservoir von potentiellen Wirkstoffen für sich entdeckt. Pflanzen sind heute wieder eine gefragte Ressource zur Gewinnung neuer Naturstoffe für Pharmazie und Kosmetikindustrie. Der Erhalt dieser Schatzkammer ist wesentlich von der Tätigkeit der Insekten abhängig, sowie wir auch die heutige Pflanzenvielfalt mit ihrer überwältigenden Fülle an Farben, Formen, Düften und nicht zuletzt an chemischen Inhaltsstoffen zu einem entscheidenden Teil den Insekten zu verdanken haben. Denn nicht nur der aktuell ausgeführten Dienstleistung der Bestäubung, sondern auch der über Jahrmillionen stattgefundenen gemeinsamen Evolution von Insekten und Höheren Pflanzen verdanken wir die ungeheure Fülle an unterschiedlichen pflanzlichen Rohstoffen, die einen Teil unserer Lebensqualität ausmachen.

Gemeinsame Evolution von Bienen und Blütenpflanzen



Das Bündnis zwischen Pflanzen und Insekten ist eine Erfolgsgeschichte der Evolution, die bereits vor 120-125 Millionen Jahren während der Kreidezeit begann. Mit dem Auftreten der Urformen der modernen Blütenpflanzen vor 120 -125 Millionen Jahren veränderte sich die Pflanzenwelt der Erde grundlegend.[30] Seither dominieren die Blütenpflanzen die Erde. Blütenpflanzen, deren Blüten durch Tiere, vor allem Insekten bestäubt werden, besitzen gegenüber Pflanzen, die durch Wind bestäubt werden einen entscheidenden Vorteil. Die zielgerichtete Übertragung des männlichen Pollens auf die Narbe der Griffel durch Tiere, ist wesentlich effizienter als die Bestäubung durch Wind. Mit Hilfe molekulargenetischer Daten von insgesamt 152 heute lebender Bienenarten gelang es Wissenschaftlern aus den USA nachzuweisen, dass die Stammform der Bienen vor rund 123 Millionen Jahren entstanden sein müsste. Bienen und Blütenpflanzen starteten ihre steile Karriere demnach nahezu zeitgleich und profitierten dabei wahrscheinlich schon von Anfang an voneinander. Im evolutionären Maßstab brachten die Blütenpflanzen in sehr kurzer Zeit einen enormen Artenreichtum hervor. Sowohl bei den Blütenpflanzen als auch bei den Bienen kam es regelrecht zu einer Artenexplosion. Es wird vermutet, dass die rasante Zunahme der Artenvielfalt auf Wechselwirkungen zwischen der Evolution der Pflanzen und bestäubender Insekten basierte.[5] Dabei ist die sich gegenseitig beeinflussende Artentwicklung von Insekten und Blüten, der wir die enorme Vielfalt an Formen, Farben und Düften bei den Blüten verdanken, nur ein Aspekt. Ein anderer Aspekt ist die Rolle der Insekten bei der ständigen Durchmischung des Erbgutes der Pflanzen im Rahmen der sexuellen Fortpflanzung. Diese sorgt für die genetische Diversität innerhalb und zwischen den Arten und ist die Voraussetzung für die Anpassung einer Art an sich wechselnde Umweltbedingungen. Pflanzen haben sich im Laufe der Evolution ständig an ändernde Umweltbedingungen und Herausforderungen anpassen müssen. Da Pflanzen an ihren Standort gebunden sind, haben sie für die Kommunikation mit ihrer Umwelt u. a. auch auf Chemie gesetzt. Als Teil ihrer Überlebensstrategie haben sie im Laufe der Evolution eine Fülle an chemischen Verbindungen mit sehr spezifischen Eigenschaften entwickelt. Sie dienen der Anlockung von Bestäubern und Samenverbreitern, dem Schutz vor Fressfeinden, Krankheitserregern und abiotischen Faktoren, wie z.B. UV-Strahlung. Diese Stoffe, die für die Wechselwirkung der Pflanze mit ihrer Umwelt zuständig sind, werden im sog. Sekundärstoffwechsel der Pflanzen produziert.[10, 11, 36, 37, 38] Es sind dies dieselben Verbindungen, die wir heute in der Pharmazie sowie in der Kosmetik- und Lebensmittelindustrie nutzen und die die sekundären Pflanzenstoffe zu einer wertvollen Ressource machen.

Angesichts der Entwicklungen der letzten Jahrzehnte drängt sich allerdings die Frage auf, wie lange wir von dieser bereits Millionen Jahre währenden Dienstleistung der Insekten und der Biodiversität, die die Erde beherbergt, noch profitieren können? Ein Blick auf die ständig umfangreicher werdenden Listen bedrohter Pflanzen und Insekten welt- bzw. länderweit zeigt, dass die Artenvielfalt und die bisher so erfolgreiche Partnerschaft zwischen Pflanzen und Insekten heute durch das Handeln des Menschen gefährdeter ist, denn je. Ein Fünftel aller Pflanzen und ein Drittel aller Insekten werden weltweit als „vom Aussterben bedroht“ gelistet, mit unübersehbaren Folgen für das Funktionieren unserer Ökosysteme und unserer Lebensqualität. Dem Verschwinden der Insekten wird ein stummer Frühling folgen. Schon Johann Wolfgang von Goethe mahnt die Rolle des Menschen, bei der Zerstörung der Natur an: „Die Natur versteht gar keinen Spaß, sie ist immer wahr, immer ernst, immer strenge. Sie hat immer recht, und die Fehler und Irrtümer sind immer die des Menschen.“

Pflanzeninhaltsstoffe als Rohstoffe für Kosmetikindustrie



Ein Blick auf ausgewählte pflanzliche Inhaltsstoffe und ihre Einsatzmöglichkeiten in Kosmetik- und Körperpflegeprodukten soll die Bedeutung der Biodiversität der Pflanzen und damit der Bestäuberleistung der Insekten für unsere tägliche Körperpflege illustrieren. Da für die Deklarationen der Inhaltsstoffe auf den Kosmetikprodukten die wissenschaftlichen, lateinischen Namen der Pflanzen benutzt werden, wird für die genannten Beispielpflanzen im Folgenden neben dem deutschen auch der wissenschaftliche Name der Pflanzen aufgeführt. 

Sekundäre Pflanzenstoffe


Gerbstoffe


Zu den von der Kosmetikindustrie geschätzten sekundären Pflanzenstoffe, denen in den Pflanzen in erster Linie eine Abwehrfunktion zukommt, gehören u.a. die Gerb- und Bitterstoffe und die Saponine. Es handelt sich bei ihnen jeweils um chemisch sehr heterogene Stoffgruppen, die anhand ihrer Eigenschaften charakterisiert werden. So leitet sich der Name der Gerbstoffe von ihrer Verwendung beim Gerben, der Verarbeitung von rohen Tierhäuten zu Leder, ab. Aufgrund ihrer Fähigkeit mit den Polypeptidketten des Kollagens der Haut zu reagieren und diese infolgedessen miteinander zu vernetzen wirken sie zusammenziehend oder auch adstringierend. Sie werden deshalb häufig auch als Adstringentien bezeichnet. Diese Eigenschaft macht man sich auch in der Kosmetik zunutze. Aufgrund ihrer abdichtenden Wirkung erhöhen sie die Barriere für Keime und toxische Substanzen und verhindern einen günstigen Nährboden für Keime. Sie wirken daher antibakteriell, antiviral und entzündungshemmend. Sie verzögern den Abbau von Hyaluronsäure und vermindern den transepidermalen Wasserverlust. Darüber hinaus wirken hohe Gerbstoffkonzentrationen lokal leicht betäubend. Gerbstoffhaltige Kosmetik wird daher insbesondere zur Pflege entzündeter, unreiner und fettiger Haut und bei Sonnenbrand angewendet. Durch eine Verengung der Schweißporen wirken sie bei starkem Schwitzen und leichter Form der Hyperhidrose (krankhaftes Schwitzen) lokal reduzierend auf die Schweißsekretion. Bekannt für ihren hohen Gerbstoffgehalt sind die Blätter des Schwarzen Tees (Camellia sinensis), der Zaubernuss (Hamamelis virginiana) und die Samen des Kaffees (Coffea arabica). Aber auch zahlreiche einheimische Pflanzen wie etwa die Früchte der Heidel-, Preisel- und Holunderbeeren, die Rinde und das Holz der Eichen (Quercus spec.), die Blüten des Wundklees (Anthyllis vulneraria), des Stinkenden Storchschnabels (Geranium robertianum), des Sonnenröschens (Helianthemum nummularium), und die Extrakte der Blüten, Früchte und des Holzes der Schlehe (Prunus spinosa) zeichnen sich durch hohe Gerbstoffgehalte aus.

Die Blüten und Blätter des in Magerrasen heimischen Wundklees (Anthyllis vulneraria) werden wegen ihrer wundheilenden und harmonisierenden Wirkung auf aus dem Gleichgewicht geratene Haut geschätzt. Sie enthalten eine komplexe Mischung verschiedener Stoffe, u.a. Gerbstoffe, Saponine, Flavonoide und Carotinoide. Foto: M. Neitzke




Die Extrakte der Blüten des Gemeinen Sonnenröschens (Helianthemum nummularium), das auf Magerrasen zu Hause ist, schützen die Haut. Sie enthalten Gerbstoffe, Flavonoide und Schleimstoffe. Foto: M. Neitzke

Der Stinkende Storchschnabel oder Ruprechtskraut (Geranium robertinaum) gilt in der Kosmetik auf grund seines hohen Gerbstoffgehaltes als zusammenziehend und als Antitranspirationsmittel. Er wirkt der Hautalterung durch UV-Strahlung (Photoaging) entgegen. Foto: M. Neitzke





Auszüge aus den Blüten der Schlehe (Prunus spinosa) wirken hautpflegend, kräftigend und zusammenziehend. Sie werden in Gesichts- und Körperpflegeprodukten verarbeitet. Die Schlehe gehört zu den Frühblühern in Hecken und Feldgehölzen. Foto: M. Neitzke

Bitterstoffe


Die Stoffgruppe der Bitterstoffe wird durch ihren bitteren Geschmack charakterisiert. Während die heilsame Wirkung von Bitterstoffen durch den Genuss eines Magenbitters auf allerlei Magen- und Verdauungsbeschwerden allgemein bekannt ist, weiß man erst seit weniger als 10 Jahren um die regenerierende Wirkung von Bitterstoffen auf die Haut. Ein Forscherteam der Universität Freiburg konnte zeigen, dass Reizempfänger für den bitteren Geschmack nicht nur in den Geschmacksknospen der Zunge, sondern auch in der Haut vorkommen. Sie konnten ihren Wirkmechanismus entschlüsseln und für die Hautpflege nutzbar machen. Ihnen gelang der Nachweis, dass pflanzliche Bitterstoffe aus dem Gelben Enzian und der Weidenrinde an diese Bitterstoff-Rezeptoren der Haut binden und die Synthese von Hautlipiden anregen. Besonders ältere Haut scheint besonders gut auf die Wirkung von Bitterstoffen anzusprechen. Daher werden sie nun gezielt in der anti-aging-Pflege eingesetzt.[39, 40]

Bitterstoffe, genauer gesagt eine besondere Gruppe von Bitterstoffen, die Sesquiterpenlactone werden in erster Linie auch für die entzündungshemmenden, schmerzlindernden und antimikrobiellen Wirkungen der Extrakte aus den Blüten der Arnika (Arnica montana) verantwortlich gemacht. Eine Mischung aus hochwirksamen Inhaltsstoffen, zu denen auch Gerbstoffe, Flavonoide, Carotinoide, sowie ätherische Öle gehören, prädestinieren Arnikaextrakte geradezu als Inhaltsstoffe für die Pflege fetter, unreiner, zu Akne neigender Haut. Die durchblutungsfördernde Wirkung wird in Haarshampoos, Haartonika, Zahncremes und vielen weiteren Produkten genutzt.




Hauptwirkstoffe der durch Carotinoide, orangegelb gefärbten Blüten der Arnika (Arnica montana) sind Bitterstoffe, die in erster Linie für die entzündungshemmende Wirkung verantwortlich sind. Foto: M. Neitzke

Saponine


Auch bei der Naturstoffgruppe der Saponine, weist der Name auf eine wichtige Eigenschaft und die traditionelle Nutzung dieser Verbindungen hin. Der Name beruht auf dem lateinischen Wort „sapo“, was übersetzt Seife bedeutet. Die Saponine schäumen mit Wasser wie Seife, setzen die Oberflächenspannung des Wassers herab und können Schmutz und Fett lösen. Sie können daher zum Waschen verwendet werden. Zu den wohl bekanntesten saponinhaltigen Pflanzen zählt neben dem Seifenrindenbaum der Waschnussbaum (Sapindus saponaria). Saponine sind im Pflanzenreich weit verbreitet und können in allen Pflanzenteilen vorkommen. Sie wirken antibiotisch, antiviral und entzündungshemmend. Zu den in der Kosmetik verwendeten einheimischen saponinhaltigen Pflanzen gehören das Seifenkraut (Saponaria officinalis), der Efeu (Hedera helix), das Scharbockskraut (Ficaria verna) und die Echte Schlüsselblume (Primula veris). In der Kosmetik werden Saponine als Biotenside und Schaumbildner benutzt.[25] Man findet sie daher in vielen Naturshampoos, Make-up Entfernern und anderen Reinigungspräparaten. Einige Saponine können die oberflächlichen Blutkapillaren stabilisieren. Sie reduzieren dadurch die Durchlässigkeit der Kapillargefäße und wirken dadurch gegen Hautrötungen. Andere fördern in pflanzlichen Extrakten die Aufnahmefähigkeit der Haut, so dass Inhaltsstoffe besser eindringen können.

Das Scharbockskraut (Ficaria verna) liebt feuchte Wälder, Heckensäume, Wiesen und Grabenränder. Die in ihm vorkommenden Saponine wirken beruhigend auf die Haut und Hautrötungen entgegen. Foto: M. Neitzke

Auszüge des Seifenkrautes (Saponaria officinalis) sind aufgrund ihrer vielfältigen Eigenschaften in über 300 Produkten enthalten. Foto: M. Neitzke

Bedeutung der Farbstoffe in Blüten und Früchten für die Kosmetikindustrie


Aber nicht nur bei der Abwehr von Fressfeinden und Krankheitserregern spielen Produkte des Sekundärstoffwechsels der Pflanzen eine große Rolle, sondern auch bei der Vermehrung und Verbreitung von Samen und Früchten. Die Anlockung von Bestäubern und Samenverbreitern erfolgt visuell durch farbige Sekundärstoffe (Anthocyane, Carotinoide) und/oder durch flüchtige, aromatisch duftende Verbindungen.

„Mit Duft und Farbe spricht die Blume“, so beschreibt der Dichter Hermann Hesse in einer Gedichtzeile die Signalwirkung einer duftenden bunten Blüte, wiewohl wir wissen, dass diese Signale der Pflanzen an die Insekten und nicht an die Menschen gerichtet sind.

Die Färbung der Blüten aber auch der Früchte beruht in erster Linie auf dem Vorhandensein von Pigmenten. Die bedeutendste Gruppe der Pigmente sind die Flavonoide. Die zu ihnen gehörende Stoffgruppe der Anthocyane ist die wichtigste Gruppe blauer, violetter und roter, aber auch gelber und grüner Farbstoffe. Sie sind verantwortlich für die rote Blütenfarbe der Hundsrose (Rosa canina) und des Klatschmohns Mohns (Papaver rhoeas), der blauen Farbe der Kornblume (Centaurea cyanus), des Duft-Veilchens (Viola odorata), des Natternkopfs (Echium vulgare), der Wegwarte (Cichorium intybus) und Wilden Malve (Malva sylvestris), aber auch der kräftigen Farben vieler Früchte, wie z.B. den Blau-, Preisel-, Holunderbeeren und vielen mehr. 


Die tiefblaue Farbe der Kornblumenblüten (Centaurea cyanus) wird maßgeblich durch Anthocyane hervorgerufen. Die Blütenextrakte wirken hautpflegend. Die Samen werden in Peeling-Produkten eingesetzt. Foto: M. Neitzke



Extrakte der Blüten und Blätter des wohlriechenden Veilchens

(Viola odorata) kräftigen Haut und Haare und wirken parfümierend. Wir finden es in den Säumen von Waldrändern, Hecken und Gebüschen. Foto: M. Neitzke

Die Blüten des Klatschmohns (Papaver rhoeas), einem ehemals häufigen Ackerbeikraut, enthalten Schleim- und Gerbstoffe, die für die hautpflegende Wirkung verantwortlich sind. Foto: M. Neitzke



Die Wegwarte (Cichorium intybus) ist an Weg- und Straßenrändern verbreitet. In der Kosmetik werden Extrakte aus den Blüten, Blättern und Wurzeln verwendet, die hautpflegende Eigenschaften besitzen. Foto: M. Neitzke

Unter den Flavonoiden befinden sich auch zahlreiche gelbe Farbstoffe, wie z.B. das Luteolin, das die gelbe Farbe der Blüten des Färberwaus (Reseda luteola) hervorruft. Die andere große Gruppe umfasst die Carotinoide, die vor allem gelbe und einige orangefarbene und rote Töne liefern. Sie finden sich z.B. in den Blüten der Wilden Narzisse (Narcissus pseudonarcissus), und den Hagebutten der Hundsrose. Die Fruchtfarbe ist ein wichtiges Signal auf das Vögel reagieren. Da Vögel einen ausgeprägten Sehsinn haben, sind Früchte häufig rot, gelb oder glänzend schwarz und bilden so einen starken farblichen Kontrast zur Umgebung.

Der Blütenextrakt der Hundsrose (Rosa canina), einem häufigen Strauch in Hecken und Feldgehölzen, hat eine zusammenziehende Wirkung, das Blütenöl wirkt hautpflegend und parfümierend. Foto: M. Neitzke

Die rote Farbe der Hagebutten der Hundsrose (Rosa canina) ist ein wichtiges Signal auf das Vögel reagieren. Extrakte des Fruchtfleisches gelten in der Kosmetik als zusammenziehend, hautpflegend und kräftigend.  Foto: M. Neitzke

Flavonoide und Carotinoide dienen jedoch nicht nur der Anlockung von Bestäubern oder Tieren, die die Ausbreitung der Samen übernehmen, sondern schützen die Pflanzen vor starkem UV-Licht und binden freie Radikale. In Kosmetika sind Flavonoide und Carotinoide Begleitstoffe von Pflanzenextrakten und sorgen für deren antioxidative Wirkung. Pflanzenextrakte oder Verbindungen aus Pflanzen mit einer hohen antioxidativen Kapazität gehören zu den Rohstoffen, die für die Kosmetik besonders interessant sind. Sie sollen die Haut vor oxidativ bedingten Veränderungen in der Struktur der Haut, wie z.B. Degeneration von Bindegewebsproteinen oder funktionellen Veränderung von Enzymen der Haut schützen und so die oxidativ bedingte Hautalterung verlangsamen. Pflanzenextrakte mit antioxidativer Wirkung können aber noch viel mehr. Forscher der Universität Freiburg konnten nachweisen, dass das Flavonoid Luteolin des Färberwaus (Reseda luteola) in einer Creme verarbeitet eine antiallergene Wirkung besitzt. Luteolin gehört unter den Flavonoiden zu den Substanzen mit der antioxidativ stärksten Wirkung und kann, u.a. aufgrund dieser Eigenschaft, der Entstehung einer Kontaktallergie, wie sie z.B. beim häufigen Waschen mit die Haut irritierenden Stoffen (verdünnte Säuren und Laugen, Alkohol, Spül- und Waschmittel sowie Desinfektionsmittel) entgegenwirken. [41]



Der Färberwau (Reseda luteola) im Schotter neben einem Bahngleis. Die hellgelbe Blütenfarbe des Färberwaus wird durch Luteolin hervorgerufen. Der höchste Gehalt an Luteolin findet sich jedoch in den Samenkapseln (ca. 2 %). Foto: M. Neitzke

Zudem spielen Flavonoide und Carotinoide in den letzten Jahren eine immer größere Rolle bei der Entwicklung von Sonnenschutzmitteln auf pflanzlicher Basis. Sie sind in der Lage Schäden an der Haut durch UV -Strahlung vorzubeugen. Extrakte bieten gegenüber isolierten Substanzen den Vorzug ein breiteres Spektrum an Inhaltsstoffen zu enthalten, das bereits in den produzierenden Pflanzen effektiv vor UV-Strahlung schützt.[17]

Pflanzliche Duftstoffe in der Kosmetik und Körperpflege


Darüber hinaus locken Pflanzen ihre Bestäuber mit Duftstoffen an. Duftstoffe sind bei Pflanzen in der Regel ätherische Öle. Die ätherischen Öle sind bei Zimmertemperatur flüssig und besitzen einen intensiven Geruch und Geschmack. Im Gegensatz zu den fetten Ölen (z.B. Sonnenblumenöl, Olivenöl, Rapsöl) sind sie leicht und vollständig flüchtig, d.h. im Gegensatz zu fetten Ölen verdampfen ätherische Öle ohne Hinterlassen eines Rückstandes. Die Bezeichnung „ätherisch“ leitet sich von dem griechischen Wort „aither“ ab, was übersetzt „Himmelluft“ oder „Himmel“ bedeutet und sich auf eben diese Eigenschaft, sich schnell durch die Luft verteilen zu können, bezieht

Die ätherischen Öle, befinden sich in den Zellen der Blütenblätter und anderen Bereichen der Blüte und treten bei ausreichend hohen Temperaturen dampfförmig durch die Zellwände nach außen und erzeugen den für eine Blüte charakteristischen Duft. Bienen haben einen sehr feinen Geruchssinn. Es wird vermutet, dass die Geruchswahrnehmung bei der sog. Blütenstetigkeit der Honigbiene eine noch wichtigere Rolle als die Blütenfarbe spielt.

Für viele Menschen sind die ätherischen Öle die Seele der Pflanzen, sie spiegeln ihr Wesen wider. Man spricht daher auch von ihnen als der Essenz einer Pflanze. Viele unserer Erinnerungen, Stimmungen und Empfindungen sind mit Düften verknüpft, da ätherische Öle über den Geruchssinn auf das sog. Limbische System im menschlichen Gehirn, in dem u.a. unsere Gefühle verarbeitet werden, wirken. Duftstoffe sind die stärksten Erinnerungsträger. Sie sind Bestanteil von Parfüms und werden zur Parfümierung einer Vielzahl von kosmetischen Produkten verwendet.

Ätherische Öle lassen aber nicht nur die Pflanzen duften, sie dienen den Pflanzen auch als Fraßschutz, als Schutz vor Bakterien, Pilzen oder anderen Krankheitserregern, zur Kommunikation untereinander, als Schutz vor UV-Strahlung oder übermäßigem Wasserverlust durch Verdunsten. Dementsprechend finden wir ätherische Öle in allen Pflanzenteilen und nicht nur in den Blüten, wie z.B. bei der Rose, dem Duftveilchen, dem Jasmin oder der Kamille (Abb. 16). Wir kennen sie aus Blättern z. B. Salbei, Thymian und Melisse, aus Nadeln wie bei Kiefern, Latschen und Fichten, Wurzeln (Iris), dem Holz (Sandelholz, Zedernholz, Rosenholz) und der Rinde von Bäumen und Sträuchern (Zimt), den Samen (Anis, Koriander, Kümmel) und der Fruchtschale (Orangen). Ätherischen Ölen sind komplexe Stoffgemische. So besteht z.B. ein Tropfen Rosenöl aus bis zu 300 Einzelsubstanzen. Die unterschiedliche Zusammensetzung aus den zahlreichen Einzelkomponenten sorgt dafür, daß das ätherische Öl einer jeden Pflanzenart unverwechselbar und einzigartig ist. Diese unterschiedliche Zusammensetzung der ätherischen Öle ist auch für die unterschiedlichen Wirkungen der verschiedenen ätherischen Öle verantwortlich. So besitzen z.B. Kiefernnadelöl, Latschenkiefernöl, Fichtennadelöl, Rosamarin- und Lavendelöl eine durchblutungsfördernde, antineuralgische und antirheumatische Wirkung. Charakteristische Vertreter für ätherische Öl mit entzündungshemmender Wirkung sind Kamillenblütenöl und Schafgarbenöl.


Kamillenblüten enthalten ätherisches Öl, Flavonoide und Schleimstoffe. Zusammen wirken sie entzündungshemmend, beruhigend und reizmildernd. Eine Steinhummel hat sich bei den Blütenbesuchen mit dem gelben Pollen der Blüten dieses ehemals in Getreideäckern weit verbreiteten Ackerbeikrauts eingepudert.  Foto: M. Neitzke


Die Schafgarbe (Achillea millefolium) wird aufgrund ihres Gehaltes an biologisch aktiven Inhaltsstoffen sowohl in der Kosmetik- als auch in der Pharmaindustrie verarbeitet. Man findet sie in über 900 Körperpflegeprodukten. Foto: M. Neitzke

Ätherische Öle sind ein heißbegehrter natürlicher Rohstoff in der Kosmetikindustrie. Der Bedarf nach ihnen wächst ständig. Eine synthetische Herstellung zu einem vernünftigen Preis ist bei vielen ätherischen Ölen nicht realisierbar, da es sich bei ätherischen Ölen um extrem kompliziert zusammengesetzte Vielstoffgemische handelt, deren typischer Geruch erst durch die Kombination einer Vielzahl von Verbindungen entsteht. Ihre Zusammensetzung ist in vielen Fällen noch nicht entschlüsselt. Da die Natur immer noch der beste Parfumeur ist, durchkämmen die Parfümeuren auf der Suche nach immer neuen Duftstoffen die Ökosysteme der Erde. 

Pflanzliche Reservestoffe in der Kosmetik und Körperpflege


Fette


Aber auch die Notwendigkeit der Samenpflanzen ihre Keimlinge für den Keimungsprozess mit Energie versorgen zu müssen, hat die Kosmetikindustrie mit wichtigen Rohstoffen versorgt. Zu ihnen gehören ihre wichtigsten und ältesten Rohstoffe, die Lipide oder Fette.[18, 19,20, 28] Viele Pflanzensamen und Früchte sind sehr fettreich, da Fette aufgrund ihrer hohen Energiedichte für Pflanzen den idealen Energiespeicher darstellen. Aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung sind diese Speicherlipide flüssig, d.h. sie liegen als Öle vor. Anders als Mineralöle weisen die pflanzlichen Öle eine große chemische Ähnlichkeit mit den Lipiden unserer Haut auf, da sie z. T. dieselben Bausteine enthalten. Dies macht sie für die Hautpflege so geeignet. Sie werden von der Haut akzeptiert und in diese integriert. Besonders begehrt sind Öle mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren, wie z.B. die Ölsäure, die Linolsäure oder ihre Verwandten die α- und ɣ-Linolensäure. Die häufigste Fettsäure in kosmetischen Präparaten ist die Linolsäure, eine zweifach ungesättigte Fettsäure, die für ihre entzündunsghemmende Wirkung bekannt ist. Linolsäure und ihre Verwandte die α-Linolensäure gehören zu den essentiellen Fettsäuren, d.h. sie können vom menschlichen Organismus nicht selber synthetisiert werden. α -Linolensäure fördert die Zellregeneration und aktiviert die Neubildung von Zellen. Öle mit hohen Gehalten an α-Linolensäure sind z.B. das Wildrosen- und Sanddornkernöl. Eine Sonderstellung mit ihrer Vielzahl an positiven Wirkungen nimmt die ɣ-Linolensäure ein. Sie ist in großen Mengen in Nachtkerzen- und Borretschsamenöl enthalten.


Das Hagebuttenkernöl das aus den Nüsschen, den „Hagebuttenkernen“ aus dem Inneren der Hagebutten gewonnen wird, ist reich an ungesättigten Fettsäuren. Es unterstützt die Hautregenration und ist zur Behandlung von trockner, schuppiger Haut sowie zur Behandlung von Narben und Pigmentflecken geeignet. Foto: M. Neitzke


Die winzigen Samen der Nachtkerze sind nicht nur bei uns Menschen als Lieferant für das wertvolle Nachtkerzenöl gefragt. Auch bei den Tieren sind sie beliebt, wie die Blaumeise auf dem Fruchtstand einer Nachtkerze zeigt. Foto: M. Neitzke

Eine vierfach ungesättigte Fettsäure, mit stark entzündungshemmender Wirkung ist die Stearidonsäure. Als wertvolle Quellen, für diese erst in den letzten Jahren in den Focus der Forschung geratene Fettsäure, haben sich zwei einheimische Pflanzenarten erwiesen, die Acker-Rindszunge (Buglossoides arvensis) und der Gewöhnliche Natternkopf (Echium vulgare). Ein weiterer Vorteil natürlicher Pflanzenöle, ist ihr Gehalt an Begleitstoffen, die die Wirkung eines Öles wesentlich mitbestimmen. In der Hauptsache sind es Vitamine (z.B. Vitamin A und E), Sterine (Stoffe, die dem körpereigenen Cholesterin ähneln und es in seiner Schutzfunktion in der Hautbarriere ergänzen), Phytohormone, Squalen (Bestandteil des Hautsebums), Farbstoffe (Carotinoide, Flavonoide), Gerbstoffe und Bitterstoffe. Natürliche Öle bestehen häufig aus einer Vielzahl von Einzelkomponenten, deren Kombination und Mengenverhältnisse einzigartig sind. Für viele dieser Öle bleiben nur die Pflanzen als Quelle, da die Zusammensetzung dieser Vielstoffgemische so komplex ist, dass sie sich nicht synthetisch herstellen lassen. Die wenigen genannten Beispiele mögen illustrieren, dass die Natur eine Fülle an einzigartigen hochwirksamen Ölen hervorgebracht hat, die dafür sorgen, dass wir uns in unserer Haut wohlfühlen.




Schleimstoffe


Ebenfalls als Reservespeicherstoffe in Pflanzen fungieren die Schleimstoffe. Darüber hinaus dienen sie als Wasserspeicher und als Infektionsschutz bei Verletzungen. Schleimstoffe verdanken ihren Namen ihrer zähflüssigen Konsistenz. Ihre Fähigkeit Wasser aufzunehmen und dadurch stark zu quellen wird bei der Kosmetikherstellung geschätzt und genutzt, ebenso wie die entzündungshemmende Wirkung. Zu den bekanntesten einheimischen schleimstoffhaltigen Pflanzen, die wir in Kosmetikprodukten finden, zählen die an Ruderalstandorten oder Weg- und Straßenrändern vorkommenden Arten wie der Eibisch (Althea officinalis), die Wilde Malve (Malva sylvestris), der Huflattich (Tussilago farfara), verschiedene Königskerzen (Verbascum spec.) und die als Ackerbeikraut bekannte Echte Kamille (Matricaria recutita). Die in den Lindenblüten (Tilia spec.) enthaltenen Schleimstoffe helfen nicht nur bei Erkältungen, sondern besitzen auch eine beruhigende Wirkung auf trockene und empfindliche Haut. Extrakte aus schleimstoffhaltigen Pflanzen finden wir besonders in Präparaten für gestresste, trockene, sensible und reife Haut. Sie eignen sich aber ebenfalls für die Pflege unreiner, zu Pickeln und Mitessern neigende Haut. Sie helfen der Haut ihren Feuchtigkeitshaushalt zu verbessern und beruhigen gereizte und entzündete Haut. Sie bilden einen schützenden Puffer gegen schädliche Umwelteinflüsse, Hitze und Kälte. Der Extrakt der Wilden Malve soll sogar die Hauterneuerung beschleunigen. Außerdem werden Pflanzen mit Schleimstoffe gerne in Shampoos eingesetzt, da diese das Haar mit einem natürlichen glättenden Schutzfilm überziehen. Sie sind daher vor allem für geschädigtes, poröses und strapaziertes Haar geeignet.


Lindenblütenextrakte (Tilia spec.) besitzen aufgrund ihres hohen Schleimstoffgehaltes eine beruhigende Wirkung und sind vor allem zur Pflege trockener und empfindlicher Haut geeignet. Foto: M. Neitzke


Durch den hohen Schleimstoffgehalt wirken Extrakte der Blüten und Blätter des Eibisches (Althea officinalis) entzündungshemmend und beruhigend. Sie machen die Haut glatt und geschmeidig.  Foto: M. Neitzke

Gefährdung der Pflanzenvielfalt


Pflanzenextrakte sind Stoffgemische mit einer Vielzahl von Wirkungen. Diese beruhen auf einem für die jeweilige Pflanze charakteristischen Gemisch verschiedener Substanzen, wobei die Einzelbestandteile in unterschiedlichem Maß zu der Gesamtwirkung beitragen. Auch wenn man heute in vielen Fällen die Wirkung der Einzelbestandteile beschreiben kann, sind wir von einem Verständnis der synergistischen Wirkungen der Einzelkomponenten noch sehr weit entfernt. Dies und die strukturelle Vielfalt des chemischen Aufbaus der pflanzlichen Wirkstoffe und die Komplexität ihrer Synthesewege innerhalb der Pflanzen machen den Nachbau vieler dieser Substanzen für Chemiker auch heute noch zu einer Herausforderung, so dass es zur Gewinnung aus natürlichen Quellen vielfach keine Alternative gibt. Wenn wir diese Ressource erhalten wollen, müssen wir Biodiversität schützen.

Kosmetikhersteller sind ständig auf der Suche nach innovativen pflegenden Inhaltsstoffen für ihre Produkte. Insbesondere auf dem Gebiet der sog. Anti-aging Pflege scheint ein unstillbares Bedürfnis nach neuen und noch wirkungsvolleren Stoffen zu bestehen, um den Wunsch nach ewiger Jugend zu befriedigen. Auf der Suche nach immer neuen pflanzlichen Rohstoffen befinden wir uns allerdings angesichts der zunehmenden Bedrohung der Ökosysteme und der Artenvielfalt in einem Wettlauf mit der Zeit. Viele Arten verschwinden, bevor wir sie entdeckt, beschrieben und erforscht haben. Dabei geht es auch um die Lebensräume vor unserer Haustür. Die Zahlen zur Gefährdung der Pflanzenarten in den für eine Analyse der Bedeutung der heimischen Flora für Kosmetikindustrie ausgewählten Lebensräumen zeigen dies eindrücklich. In Deutschland sind aktuell rund 40 % der wildlebenden Tierarten, ca. 30 % der Farn- und Blütenpflanzen und etwa 70 % der Lebensräume bedroht. Nicht bezifferbar ist der Verlust der genetischen Diversität.[29]

Geht man von einer Gesamtzahl von 300 000 bis 380 000 Samenpflanzen auf der Erde aus, so werden zurzeit etwa 1 % für Kosmetikindustrie genutzt. Das Potential, das die Natur bereithält, ist also noch lange nicht ausgeschöpft, wenn es uns gelingt dieses durch entsprechende Schutzmaßnahmen zu erhalten. Auch die Kosmetikindustrie kann durch z.B. die Berücksichtigung ökologischer Kriterien sowie von Biodiversitätskriterien bei der Beschaffung der Rohstoffe ihren Beitrag hierzu leisten. Nur eine nachhaltige Nutzung der Ressource Biodiversität garantiert, dass auch noch die nachfolgenden Generationen diese nutzen können. Zurzeit werden aber nur bei der Produktion eines kleinen Anteils Nachhaltigkeits- und Biodiversitätskriterien berücksichtigt. Als Verbraucher/innen können wir täglich durch bewusstes und verantwortungsvolles Handeln unseren Beitrag zum Erhalt der Biodiversität beitragen. Kommen wir zum Schluss auf die eingangs gestellte Frage nach der Rolle der Insekten bei unserer Körperpflege zurück. Biodiversität ist nicht abstrakt. Sie fängt vor unserer Haustür und morgens beim Zähneputzen oder Duschen an. Je nach Zusammensetzung der von uns genutzten Körperpflegeprodukte profitieren wir bereits morgens bei der Körperpflege von der Tätigkeit der Insekten. Der verantwortungsbewusste Umgang mit der Natur kann daher, überspitzt ausgedrückt, bereits morgens beim Zähneputzen und Duschen anfangen.

Es ist Zeit, dass wir aufwachen und einen Blick bekommen für die unendliche Vielfalt und die Schönheit der Natur und bereit werden uns verzaubern zu lassen von der Ästhetik und dem betörenden Charme der Lebewesen um uns herum. Unsere Zukunft liegt nicht auf dem Mond oder einem anderen Planeten, wie uns viele Wissenschaftler und Politiker immer wieder erklären wollen. Unsere Zukunft liegt hier auf der Erde mit ihrer unfassbaren Vielfalt. Zu ihr gibt es keine Alternative. Wenn uns ihr Schutz zu mühsam erscheint, ein Leben auf dem Mond wäre es erst recht. Lassen wir Johann Wolfgang von Goethe das letzte Wort:

 

Doch wir finden`s hier am besten,

segnen dankbar unsern Stern,

Denn im Osten wie im Westen

Zeugt die Mutter Erde gern.

Literatur:



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