Knospen der Heckengehölze in der Kosmetik

Knospen der Heckengehölze in der Kosmetik


Die Verwendung von Knospen in der Kosmetik- und Köperpflegeindustrie blickt auf eine lange Tradition zurück. So wurden z.B. Extrakte aus Knospen der Hängebirke (Betula pendula) aufgrund ihrer antiseptischen Eigenschaften bei der Herstellung von Haarwasser verwendet und die Knospen der Schwarzen Johannisbeere (Ribes nigrum) als Duftgeber oder Duftverstärker. Einen Aufschwung erfuhr die Verwendung von Pflanzenknospen bei der Herstellung von Kosmetikprodukten in den letzten Jahren durch die Inspiration aus der Gemmotherapie. Der Begriff „Gemmotherapie“ leitet sich von dem lateinischen Wort „gemma“ ab und bedeutet übersetzt „Knospe“.  Er bezeichnet den therapeutischen Einsatz von Präparaten, die aus Pflanzenknospen mit Hilfe eines Gemisches aus Alkohol, Glycerin und Wasser ohne zusätzliche Wärmezufuhr hergestellt wurden. Begründet wurde diese Therapieform von dem belgischen Arzt Dr. Pol Henry in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Hintergrund für die Entwicklung dieser Therapieform ist die Knospe als Sinnbild für Kraft und Vitalität, aufgrund des hohen Gehaltes an embryonalem Gewebe und der intensiven Stoffwechselaktivität in sich entwickelnden Knospen.

Zur Zeit werden aufgrund ihrer hautpflegenden Eigenschaften die Knospen von 15 Sträuchern und Bäumen, die in Hecken vorkommen können, in der Kosmetikindustrie verwendet.




Zusätzlich zu den auf der Abbildung aufgeführten Arten handelt es sich um die Hängebirke (Betula pendula), den Schwarzen Holunder (Sambucus nigra), die Schwarz-Pappel (Populus nigra), die Schwarze Johannisbeere (Ribes nigrum), die Himbeere (Rubus idaeus), die Gewöhnliche Fichte (Picea abies) und die Wald-Kiefer (Pinus sylvestris). In der Liste der Inhaltsstoffe auf einem Körperpflegeprodukt werden Extrakte aus Knospen mit der Information „bud extract“ hinter dem Namen der entsprechenden Pflanze gekennzeichnet. Das Spektrum der verwendeten Arten ist in der Gemmotherapie mit 25 Arten deutlich größer und deutet möglicherweise auf ein noch vorhandenes Potential für die Kosmetikindustrie hin.

Als Beispiele wären der Bergahorn (Acer pseudoplatanus) und die Schwarzerle (Alnus glutinosa) zu nennen, für deren Knospenmazerate eine hohe antioxidative Kapazität und hohe Gehalte an phenolischen Verbindungen nachgewiesen wurden. Die Knospenextrakte der Schwarzerle besitzen darüber hinaus noch entzündungshemmende und antimikrobielle Eigenschaften.

Knospen enthalten biologisch aktive Substanzen in hohen Konzentrationen.

Gesammelt werden die Knospen im Frühjahr kurz vor dem Aufspringen. Ebenso wie bei den Blüten und Blättern ist das Aussehen der Knospen typisch für eine Art. Knospen der verschiedenen Arten unterscheiden sich durch Größe, Farbe, Stellung der Knospen am Zweig und das Aussehen der Knospenschuppen voneinander. Die Knospen werden bereits im Sommer des Vorjahres angelegt und überdauern den Winter in einer Ruhephase. Der Knospenaustrieb im Frühjahr kann daher sehr rasch erfolgen. Ausgelöst wird das sog. „Brechen der Knospenruhe“ durch die Wirkung verschiedener Pflanzenhormone, also endogener Faktoren. Diese werden wiederum ihrerseits durch exogene Faktoren wie den Witterungsverhältnissen z.B. Temperatur und Luftfeuchte aber auch die Tageslänge gesteuert. Während der Zustand der Knospenruhe durch verminderte Stoffwechselleistungen und reduziertes Wachstum gekennzeichnet ist, laufen der Stoffwechsel und die Wachstumsprozesse während des Knospenaustriebes auf Hochtouren. Die Zellen der bereits fertig vorgebildeten Blätter und Blütenstände, die kunstvoll zusammengefaltet und zusammengerollt in den Knospen vorhanden sind, nehmen durch spontane Wasseraufnahme stark an Volumen zu und strecken sich. Gleichzeitig kommt es in den Bildungsgeweben der Knospen durch Zellteilung zur Bildung neuer Zellen. Knospen enthalten im Gegensatz zu den bereits ausdifferenzierten Pflanzenorganen wie Blüten und Blättern, deren Zellen ihre Teilungsfähigkeit verloren haben, noch Zellen, die sich noch teilen können. Diese Zellen werden als meristematische Zellen bezeichnet und die aus ihnen gebildeten Gewebe als Bildungsgewebe oder Meristem. Der Knospenaustrieb besteht fast ausschließlich aus dem Streckungswachstum, das Teilungswachstum spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Wie der Längsschnitt durch die Knospe einer Magnolienblüte zeigt, ist in der Blütenknospe bereits die zukünftige Blüte in Kleinformat angelegt. Die Magnolien stammen alle aus Ostasien und Amerika. Einige Vertreter dieser sehr umfangreichen Gattung (200 -300 Arten) sind bei uns als Gartenpflanzen zu bewundern. Die Knospen und Blüten verschiedener Arten dieser Gattung, die nach dem französischen Botaniker Pierre Magnol (1638-1715) benannt wurde, werden wegen ihrer hautpflegenden und hautschützenden Eigenschaften in der Kosmetikindustrie verwendet.




Längsschnitt durch die Knospe einer Magnolienblüte (Magnolia spec.). Umschlossen von den stark behaarten Knospenschuppen ist in der Blütenknospe bereits die zukünftige Blüte in Kleinformat angelegt. Foto: M. Neitzke

Angekurbelt werden das Streckungswachstum und die Zellteilung durch die als Auxine und Gibberelline bezeichneten Phytohormone. Eine wichtige Rolle spielt auch die Gruppe der Cytokinine, die die Eiweißsynthese und das Zellteilungswachstum, d.h. die Zellvermehrung anregen.



Die Knospe einer Magnolie entfaltet sich. Fotos: M. Neitzke

Diese in hohen Konzentrationen in den Knospen gefundenen Phytohormone können den Stoffwechsel der Haut in ganz spezifischer Weise beeinflussen. So konnte in Versuchen nachgewiesen werden, dass Auxine die Synthese der Fette in der Haut, insbesondere der Epidermis, sowie den Zellstoffwechsel und die Kollagenproduktion stimulieren. Außerdem fördern sie die Heilung oberflächlicher Wunden, von Verbrennungen sowie Geschwüren. Cytokinine zeigten in Versuchen einen günstigen Einfluss auf die Epithelzellen. Eine regelmäßige Pflege der Haut mit Cytokinin-haltiger Creme verbesserte die Hautfeuchtigkeit sowie die Hautelastizität und erhöhte den Schutz gegen UV-Strahlung. Sie beschleunigt die Wundheilung der Haut und verringerte den oxidativen Stress in der Haut. Diese Versuche ließen vermuten, dass Phytohormone in äußerlich angewendeten Mitteln für den Schutz und zur Regenration der Hautgeeignet sind.

Phytohormone werden besonders in Produkten für die reife, trockene Haut eingesetzt. Sie sollen der Zellerneuerung und Kollagensynthese ankurbeln und so den Kollagenabbau verlangsamen.

Zudem ist die Konzentration biologisch aktiver Inhaltsstoffe in den Knospen wesentlich höher als in den ausdifferenzierten Pflanzenorganen. Neben einer Vielzahl von sog. Polyphenolen (z. B. Flavonoiden) weisen sie hohe Gehalte an ätherischen Ölen sowie gesättigten und ungesättigten Fettsäuren, Vitaminen, Aminosäuren, Eiweißen, Enzymen, Nucleinsäuren, Mineralstoffen, organischen Säuren und Gerbstoffen auf. Diese besonderen Bedingungen machen Knospen zu einer Bombe an biologisch aktiven und wertvollen Substanzen. Zusammen sind diese Inhaltsstoffe für die hautpflegende, antioxidative, antimikrobielle und entzündungshemmende Wirkung von Knospenextrakten verantwortlich. Darüber hinaus konnte für einige Arten eine ganz spezifische Wirkung nachgewiesen werden. So zeigten die Knospenextrakte der Schwarz-Pappel (Populus nigra) in Tierversuchen eine starke Hemmung des Enzyms, dass für eine übermäßige Pigmentierung der Haut verantwortlich ist. Extrakte der Schwarzpappel könnten daher in kosmetischen Produkten zur Hautaufhellung zum Einsatz kommen.

Mit Hilfe der Bienen liefern die Knospen mancher Bäume noch ein zusätzliches Produkt, das aufgrund seiner besonderen Eigenschaften in der Medizin und Kosmetik gleichermaßen hoch geschätzt wird – die Propolis. Der von den Knospen bestimmter Baumarten (v.a. Pappel, Erle, Kastanie, und Birke) abgesonderte Harz wird gezielt von Bienen gesammelt und mit Sekreten aus den Oberkieferdrüsen, Pollen, ätherischen Ölen aus Blüten und Bienenwachs vermischt. Das Ergebnis ist eine harzartige Masse mit antimikrobiellen, antiviralen und antimykotischen Eigenschaften, die als Propolis oder auch Bienenharz oder Bienenkittharz bezeichnet wird. Bienen verwenden diesen Bienenharz um ihren Stock vor Bakterien, Viren und Pilzen zu schützen. Da Propolis antibakteriell und entzündungshemmend wirkt, wird Propolis in der Kosmetikindustrie als Konservierungsmittel und in Produkten gegen Akne und zur Pflege unreiner Haut eingesetzt. Da Propolis darüber hinaus feuchtigkeitsspendend wirkt und die Erneuerung von Hautzellen fördert, wird ihr Einsatz in Anti-Aging Produkten immer beliebter. 




Hohe Eiweiß- und Fettgehalte machen Knospen, wie hier von der Hainbuche (Carpinus betulus) im Frühjahr zu einem beliebten Futter für Vögel (z.B. Dompfaff (Pyrrhula pyrrhula), Kohlmeise (Parus major), Ringeltaube (Columba palumbus) von links nach rechts).  

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