Hülsenfruchtgewächse (Fabaceae)

Die Familie der Hülsenfruchtgewächse (Fabaceae) ist eine der artenreichsten Familien weltweit. Mit über 19500 Arten ist sie die drittgrößte Pflanzenfamilie.[1] Mit Ausnahme der aquatischen hat sie alle Lebensräume besiedelt. Fossilienfunde und DNA-Studien lassen vermuten, dass Hülsenfrüchtler aus dem Paläozoikum (frühes Tertiär) stammen. Die frühesten Fossilien sind etwa 56 Millionen Jahre alt.[1] Ein- oder zweijährige Arten sind ebenso vertreten wie ausdauernde krautige oder verholzende Arten, wie Bäume, Sträucher oder Lianen.

Die Familie der Hülsenfruchtgewächse (Fabaceae) besitzt für den Menschen in vielerlei Hinsicht eine große Bedeutung. Viele Vertreter dieser Familie leisten umsonst, allerdings unter Mithilfe von Bakterien, wozu der Mensch nur unter Einsatz hoher Energiemengen in der Lage ist - die chemische Fixierung des in der Luft gebundenen Stickstoffs zur Herstellung von Düngemitteln, bzw. Verbesserung des Nährstoffgehaltes des Bodens. Der Anbau von Hülsenfruchtgewächse (Fabaceae) wird daher seit Jahrhunderten zur Verbesserung des Nährstoffgehaltes der Böden genutzt. Die Samen vieler Hülsenfruchtgewächse (Fabaceae) leisten aufgrund ihrer hohen und Eiweiß- und Kohlenhydratgehalte (Erbsen, Bohnen, Linsen) bzw. hohen Fettgehalte (Erdnuss, Sojabohne) weltweit einen wichtigen Beitrag zur menschlichen Ernährung. Weitere wichtige Inhaltsstoffe sind Alkaloide, Saponine und Polyphenole, die einige Hülsenfruchtgewächse  zu wichtigen Heilpflanzen werden lassen, wie z.B. das Echte Süßholz (Glycyrrhiza glabra), der Gewöhnliche Steinklee (Melilotus officinalis), der Griechischer Bockshornklee (Trigonella feonum-graecum) und der Besenginster (Cytisus scoparius).[5] 


Auch für die Kosmetik- und Körperpflegeindustrie spielt die Familie der Hülsenfruchtgewächse als Rohstoffquelle eine wichtige Bedeutung. Mit mehr als 200 Arten ist sie in Bezug auf die Anzahl der genutzten Arten nach der Familie der Korbblütler (Asteraceae) die zweitwichtigste Familie.





Die Familie der Hülsenfruchtgewächse oder Schmetterlingsblütler (Fabaceae) spielt in der Kosmetik- und Körperpflegeindustrie als Rohstoffquelle eine wichtige Rolle. Fotos: M. Neitzke



Familienmerkmale


Aufgrund ihrer Hauptmerkmale, wie die Anordnung der Kronblätter, die Art der Früchte und dem Aussehen Blätter lassen sich Vertreter dieser Familie relativ leicht erkennen.



Die wichtigsten Erkennungsmerkmale der Hülsenfruchtgewächse (Fabaceae) sind:[1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 10]


  • Zygomorphe, schmetterlingsartige Blüte bestehend aus „Fahne“ (oberes Blütenblatt), „Flügel“ (die beiden seitlichen Blätter) und „Schiffchen“ (die beiden unteren).
  • Die zwittrigen Blüten enthalten 10 Staubblätter sowie einen oberständigen Fruchtknoten.
  • Die Frucht ist in den allermeisten Fällen eine Hülse.
  • Die Blüten sind meist in Trauben angeordnet.
  • Die Blätter stehen wechselständig, stets mit Nebenblättern.
  • Die Blattspreite ist häufig geteilt, sogar gefiedert.

Blütenmorphologie


Bei aller Vielfalt zeigt der Bauplan der Hülsenfruchtgewächse (Fabaceae) eine grundsätzliche Übereinstimmung.

Die fünfzähligen Blüten haben nur eine Symmetrieachse. Sie sind zweiseitig symmetrisch, also zygomorph. Die Symmetrieebene teilt das hintere bzw. obere, große, auffällige Blütenblatt, die sog. Fahne in zwei gleich große Hälften und verläuft zwischen den beiden seitlichen, identischen, als Flügel bezeichneten Blütenblättern, und den zwei unteren zu dem sog. Schiffchen vereinten Kronblättern.


Blüte des Gewöhnlichen Goldregens (Laburnum anagyroides): Die Blüten sind zygomorph, sie besitzen nur eine Symmetrieebene (rote Linie). Foto: M. Neitzke

Die Form und Anordnung und Form der fünf Blütenblätter verursachen eine besondere Gestalt der Blüte, die mit Phantasie an einen Schmetterling erinnert. Diese Assoziation zwischen Blütenform und Schmetterling ist für den früheren Namen dieser Familie „Schmetterlingsblütler“ (Papilionaceae) verantwortlich.


Typischer Aufbau der Blüte eines Hülsenfruchtgewächses (Fabaceae) am Beispiel des Gewöhnlichen Goldregens (Laburnum anagyroides): Die Zerlegung einer Blüte des Goldregens (links) in ihre Kronblätter zeigt den Aufbau der Blüte aus den jeweils paarweise vorhandenen Kronblättern des sog. Schiffchens und der Flügel sowie der einzeln stehenden deutlich größeren Fahne (rechts). Fotos: M. Neitzke

Entsprechend ihrer unterschiedlichen Form besitzen die 5 Blütenblätter auch unterschiedliche Funktionen.


Das obere (hinterste) Blütenblatt ist stark vergrößert. Es lässt zwei Abschnitte erkennen, die an das Aussehen eines Nagels mit Kopf und Stift erinnern. Der an den Kopf eines Nagels erinnernde aufrecht gebogene Teil dieses Blütenblattes wird als Platte und der hintere, dem Stift des Nagels ähnelnde Teil als Nagel bezeichnet. Beide Abschnitte bilden, je nach Art, einen mehr oder weniger ausgeprägten rechten Winkel miteinander. Dieses Aussehen der Blütenblätter bezeichnet man als „genagelt“. Bei vielen Arten ist die Platte stark vergrößert und mit auffälligen Saftmalen versehen. Dies dient der Anlockung von Insekten. Die Assoziation der senkrecht stehenden, vergrößerten Platte des obersten Blütenblattes mit einer Fahne hat zu der Namensgebung dieses Blütenblattes „Fahne“ geführt. 



An dem obersten Blütenblatt der Schmetterlingsblüte, der Fahne werden zwei Abschnitte unterschieden, die Platte und der Nagel. (Abb. Lindman, C. A. M. (1901-1905))






Hummeln im Anflug auf die Blüten des Goldregens. Die stark vergrößerte, mit Saftmalen versehene Fahne der Blüte steht im Dienst der Anlockung von Insekten. Fotos: M. Neitzke


Die zwei identischen seitlichen und kleineren Blätter werden als Flügel bezeichnet. Sie dienen als Landeplatz für die blütenbesuchenden Insekten.


Die Flügel der Schmetterlingsblüte dienen als Landeplatz für die blütenbesuchenden Insekten. Fotos: M. Neitzke

Die beiden unteren, ebenfalls identischen Blütenblätter sind an der Unterseite ± miteinander verwachsen beziehungsweise verklebt und bilden das Schiffchen. Das Schiffchen umschließt 10 Staubblätter und einen Stempel.


Das Schiffchen umschließt die Staubblätter und den Stempel, wie der Blick auf das freigelegte Schiffchen nach Entfernung des vorderen Flügels und die Entfernung des vorderen Blattes des Schiffchens (rechts) einer Blüte des Goldregens zeigt (links). Fotos: M. Neitzke

Fahne, Flügel und Schiffchen sind in der Regel nicht miteinander verwachsen. Eine Ausnahme ist z.B. die Gattung Trifolium (Klee). Bei den meisten Blüten sind die Flügel und das Schiffchen allerdings so miteinander verbunden, daß ein Druck auf die Flügel auch einen Druck auf das Schiffchen bedeutet. Dabei kann es sich um Auswucherungen der beiderseitigen Epidermis oder ein System aus korrespondierenden Leisten und Einfaltungen handeln.[6]



Die 5 Kelchblätter sind miteinander verwachsen und bilden einen 5zähnigen Kelch. Der Kelch verbleibt oft noch sehr lange an der Frucht.


Blüte des Gewöhnlichen Goldregens (Laburnum anagyroides): Die Blüte ist in Kelch und Krone gegliedert (doppelte Blütenhülle). Fotos: M. Neitzke

Die Fäden der 10 bzw. 9 Staubblätter sind mehr oder weniger lang zu einer Röhre verwachsen und bilden die Staubfadenröhre. Sind nur 9 verwachsen, ist das hinterste Staubblatt frei.


Die Fäden der 10 Staubblätter sind entweder alle zu einer Röhre verwachsen (links) oder es sind nur 9 verwachsen und das hinterste ist frei (rechts). Foto: M. Neitzke, Zeichnung: Lindman, C. A. M. (1901-1905)

Sind die Staubfäden alle über die gleiche Länge miteinander verwachsen, bildet die Grenzlinie zwischen der Staubfadenröhre und den freien Abschnitten der Filamente einen rechten Winkel mit der Staubfadenröhre. Man sagt auch „die Staubfadenröhre ist rechtwinklig abgeschnitten“. Dies ist typisch für die Gattungen Lathyrus (Platterbse) und Pisum (Erbse).

Sind die unteren Staubfäden aber über einen längeren Abschnitt miteinander verwachsen als die oberen, bildet die Grenzlinie zwischen der Staubfadenröhre und den freien Abschnitten der Filamente einen Winkel der kleiner ist als 90°. Man sagt auch „die Staubfadenröhre ist schief abgeschnitten“. Dies ist typisch für die Gattungen Vicia (Wicke) und Lens (Linse). 


Staubfadenröhre des Goldregens. Die Staubfadenröhre ist schief abgeschnitten. Foto: M. Neitzke





Blüte der Gartenwicke (Lathyrus odoratus): Die Staubfadenröhre ist rechtwinklig abgeschnitten. Foto: M. Neitzke

Die Staubfadenröhre schließt den oberständigen Fruchtknoten ein.


Blüte des Goldregens (Laburnum anagyroides): Der vorderen Flügel und das vordere Blatt des Schiffchens wurden entfernt: Die Staubfadenröhre umgibt den langgestreckten oberständigen Fruchtknoten (rechts). Fotos: M. Neitzke


Blüte von Laburnum anagyroides (Goldregen): Fahne, vorderer Flügel, vordere Hälfte des Schiffchens und vorderer Teil der Staubblattröhre wurden entfernt. Deutlich ist der langestreckte Fruchtknoten mit den Samenanlagen zu erkennen. Fotos: M. Neitzke

Bestäubungsmechanismen


Bei den Schmetterlingsblütlern (Fabaceae) treten vier verschiedene Bestäubungsmechanismen auf.[6, 8]


Klappmechanismus


Der einfachste der vier Bestäubungsmechanismen ist der sog. Klappmechanismus. Bei den Blüten, bei denen der Mechanismus nach diesem Prinzip erfolgt sind die Schiffchen oben offen. Setzt sich eine Hummel oder Biene auf die Flügel, so werden diese und das Schiffchen nach unten gedrückt. Infolgedessen berühren der Griffel und die Staubblätter die Unterseite der Insekten. Der Griffel kann den auf der Bauchseite mitgebrachten fremden Pollen aufnehmen und die Staubblätter ihrerseits ihren Pollen abladen. Nach Aufhören des Drucks kehrt das Schiffchen elastisch wieder in seine Ausgangslage zurück. Dieser Mechanismus kann daher mehrmals hintereinander ausgelöst werden.[6, 8]



Klappmechanismus beim Goldregen (Laburnum anagyroides): Landet ein Insekt auf den Flügeln der Blüte, werden diese durch das Gewicht des Insektes nach unten gedrückt (links). Da die Flügel mit dem Schiffchen verbunden sind, wird das Schiffchen ebenfalls nach unten gedrückt (rechts). Dadurch treten der Griffel und die Staubblätter aus dem Schiffchen heraus und können die Bauchseite des Insektes berühren. Fotos: M. Neitzke


Der Klappmechanismus findet sich außer bei dem Goldregen (Laburnum anagyroides) bei den Klee-Arten (Trifolium spec.), bei der Esparsette (Onobrychis viciifolia), verschiedenen Geißklee-Arten (Cytisus spec.), dem Steinklee (Melilotus spec.), dem Tragant (Astragalus), dem Spitzkiel (Oxytropis) und dem Süßklee (Hedysarum).[6, 8]





Blüten mit Klappmechanismus treten bei der Futter-Esparsette (Onobrychis viciifolia), der Bärenschote (Astragalus glycyphyllos) und dem Weißklee (Trifolium repens) auf. Fotos: M. Neitzke



Bürstenmechanismus


Bei Arten mit dem Bürstenmechanismus ist das Schiffchen, ebenso wie bei den Arten mit dem Klappmechanismus oben offen. Zu den Arten mit Bürstenmechanismus gehört die Robinie (Robinia pseudacacia).




Intakte Blüte der Robinie (links) und Blüte mit entferntem vorderen Flügel und vorderem Blatt des Schiffchens (rechts). Bei geöffnetem Schiffchen sind die 10 Staubblätter und der Griffel mit der kopfigen Narbe und der Griffelbürste zu erkennen. Fotos: M. Neitzke

Bei den Arten mit Bürstenmechanismus ist der Griffel allseitig oder einseitig wie bei der Wiesen-Platterbse (Lathyrus pratensis) behaart. Die Staubbeutel platzen schon im Knospenzustand auf und geben ihren Pollen ab.[6, 8] Er wird zum größten Teil von den Griffelhaaren aufgenommen. Da Flügel und Schiffchen miteinander verzahnt sind, drückt eine Hummel bei der Landung auf den Flügeln die Flügel und das Schiffchen gemeinsam hinunter.[8] Der Griffel tritt dann aus dem Schiffchen und berührt zunächst mit der Narbe die Unterseite des Insektes und kann so eventuell mitgebrachten Pollen aufnehmen. Dann berührt der Griffel mit der Griffelbürste, die voll mit eigenem Pollen beladen, ist die Bauchseite des Besuchers und lädt den Pollen im Haarkleid des Gastes ab.[6, 8] 





Die Biene landet auf den Flügeln der Robinienblüte. Durch ihr Gewicht werden die mit dem Schiffchen verzahnten Flügel und das Schiffchen herabgedrückt. Der Griffel mit der mit Pollen beladenen Griffelbürste tritt oben aus dem Schiffchen heraus (links). Der Griffel kann dann den Pollen in dem Haarkleid der Biene abladen (rechts). Fotos: M. Neitzke





Das Abladen des Pollens muss nicht nur auf der Unterseite der Biene erfolgen, je nach Art der Landung und des Einstiegs in die Blüte kann der Pollen auch auf dem Rücken landen. Fotos: M. Neitzke


Der Bürstenmechanismus findet sich außer bei der Robinie (Robinia pseudacacia), bei den Platterbsen (Lathyrus spec.), bei der Glyzinie oder Blauregen (Wisteria sinensis), der Linse (Lens culinaris) und bei den Wicken (Vicia spec.).[6,8]





Der Bürstenmechanismus tritt bei Arten der Gattung Lathyrus und dem Blauregen (Wisteria sinensis) auf. Bei der Wiesen-Platterbse (Lathyrus pratensis) hat eine Ackerhummel (Bombus pascuorum) den Bestäubungsmechanismus ausgelöst. Bei der Gartenwicke (Lathyrus odoratus) ist die Griffelbürste unterhalb der Narbe deutlich zu erkennen. Fotos: M. Neitzke

Pumpmechanismus


Ein Beispiel für den Pumpmechanismus liefert die Vielblättrige Lupine (Lupinus polyphyllos). Die Blüten der Vielblättrigen Lupine sind blauviolett und erreichen eine Länge von 15 mm. Die Flügel sind an der Spitze miteinander verwachsen, das Schiffchen ist weißlich und läuft in einen längeren dunkelvioletten Schnabel aus.





Intakte Blüte der Vielblättrigen Lupine (links) und nach Entfernung des vorderen Flügels (rechts). Das weiße Schiffchen läuft in einen dunkelvioletten spitzen Schnabel aus. Fotos: M. Neitzke





Blüte der Vielblättrigen Lupine (Lupinus polyphyllos): Der vordere Flügel und das vordere Blütenblatt des Schiffchens wurden entfernt, um den Blick auf die unterschiedliche langen Staubblätter und den Griffel freizugeben. Foto: M. Neitzke

Das Schiffchen ist hier auf seiner Oberseite bis auf einen kurzen Schlitz an der Spitze geschlossen. Die Staubbeutel öffnen sich bereits im Knospenzustand und entleeren den Pollen in die Schiffchenspitze.[6] Von den 10 Staubblättern sind 5 länger als die 5 übrigen und reichen bis fast in die Spitze des Schiffchens. Da das Schiffchen mit beiden Flügeln durch Vorsprünge verbunden ist, wird auch das Schiffchen niedergedrückt, sobald sich eine Biene oder Hummel auf die Flügel setzt.[6, 8] Die kurzen Staublätter wirken jetzt wie ein Kolben im Zylinder.[6] Sie pressen den Blütenstaub vor sich her und aus der Spitze heraus auf den Unterleib des Insektes.[6] Ist nach wiederholter Betätigung dieses Pumpmechanismus der Pollen völlig abgegeben, stößt an seiner Stelle die Narbe aus der Schiffchenspitze heraus. Sie wird erst spät funktionstüchtig, so dass Selbstbefruchtung trotz des unvermeidbaren Kontaktes mit dem eigenen Pollen unterbleibt.[6]  





Blüten der Lupine nach Entfernung des vorderen Flügels. Die zusätzliche Entfernung des vorderen Blattes des Schiffchens zeigt die Entleerung des Pollens der Staubbeutel in die Schiffchenspitze (links). Beim Insektenbesuch tritt aus dem niedergedrückten Schiffchen der Pollen aus. Rechts: Blüte nach Betätigung des Pumpmechanismus. Der gelbe ausgepresster Pollen sitzt auf der Schiffchenspitze. Fotos: M. Neitzke





Eine Steinhummel (Bombus lapidarius) ist auf den Flügeln einer Lupinenblüte gelandet (links) und löst den Pumpmechanismus aus (rechts). Der Pollen wird aus der Öffnung an der Spitze des Schiffchens an die Bauchseite der Hummel gedrückt. Fotos: M. Neitzke





Auch Ackerhummeln (Bombus pascuorum) (links) und Gartenhummel (Bombus hortorum) können bei Landung auf den Flügeln einer Lupinenblüte den Pumpmechanismus auslösen. Die Dunkle Erdhummel trifft das Schiffchen so heftig an der Brust, dass sie ihren Halt auf den Flügeln verliert (rechts). Fotos: M. Neitzke

Beispiele für Arten mit Pumpmechanismus sind der Hornklee (Lotus corniculatus), der Hufeisenklee (Hippocrepis comosa), die Spargelerbse (Tetragonolobus maritimus), der Wundklee (Anthylllis vulneraria), der Dornige Hauhechel (Ononis spinosa) und die Kronenwicke (Securigera varia).[6, 8]





Arten mit Pumpmechanismus sind der Hornklee (Lotus corniculatus mit Dunkler Erdhummel (Bombus terrestris) (links), die Kronenwicke (Securigera varia mit Steinhummel (Bombus lapidarius) (Mitte) und der Wundklee (Anthyllis vulneraria mit Ackerhummel (Bombus pascuorum) (rechts). Fotos: M. Neitzke




Schnellmechanismus


Ein Beispiel für eine Blüte mit Schnelleinrichtung bzw. Schnellmechanismus bietet die Blüte des Besenginsters (Cytisus scoparius). Vor dem Insektenbesuch sind die Staubblätter und der Stempel von dem oben geschlossenen Schiffchen umgeben. Bei einer jungen Blüte des Besenginsters, die noch von keinem Insekt besucht wurde, sind daher weder Staubblätter noch Griffel zu sehen.[6, 8]





Blüte des Besenginsters in entspannten Zustand vor dem Insektenbesuch (links) und entspannte Blüte nach der Auslösung des Schnellmechanismus durch ein Insekt (rechts). Fotos: M. Neitzke



Der lange Griffel, hat die Tendenz sich aufzurollen, wird aber von dem geschlossenen Schiffchen in einer längs gestreckten Lage gehalten. Der Griffel steht daher unter einer starken Spannung. Das gleiche gilt für die fünf langen und fünf kurzen Staubblätter. Allerdings ist ihr Spannungszustand geringer als der des Griffels. Man bezeichnet diesen Zustand einer jungen Blüte auch als „gespannten Zustand“.[6, 8] Die Lösung dieser Spannungen führt zu einer Explosion. Ausgelöst wird diese Explosion von Insekten, die die Besenginsterblüte besuchen. Landet nämlich eine Hummel oder eine Biene auf den Flügeln, so drückt sie diese herunter. Da aber die Flügel und das Schiffchen miteinander verzahnt sind, wird auch das Schiffchen mit heruntergedrückt. Durch den dabei auf das Schiffchen ausgeübten Druck, beginnt dieses nun von der Basis zur Spitze reißverschlussartig aufzureißen.[6, 8] Die unter Spannung stehenden Staubblätter und der Griffel können sich nun in zwei kräftigen Explosionen entspannen. Zuerst schnellen die kurzen Staubblätter aus dem in dem Schiffchen entstehenden Spalt hervor und stäuben das Insekt auf der Unterseite ein. Reißt die Naht zwischen den beiden Blättern des Schiffchens weiter auf, kommt es zu einer zweiten Explosion, bei der die langen Staubblätter und der Griffel freigesetzt werden. Diese schlagen auf den Rücken des Insektes. Die langen Staubbeutel laden ihren Pollen auf dem Rücken des Insektes ab und die Narbe kann Fremdpollen aufnehmen, der bei einem vorherigen Blütenbesuch dort abgelagert wurde.[6, 8] Jetzt befindet sich die Blüte in dem sog. „entspannten Zustand“. Dieser Mechanismus kann pro Blüte nur einmal ausgelöst werden.[6, 8]




Auslösen des Schnellmechanismus durch eine Dunkle Erdhummel (Bombus terrestris) nach der Landung auf den Flügeln und dem Schiffchen (links). Staubblätter und Griffel schnellen heraus. Während die kurzen Staubblätter die Brust mit Pollen einstäuben, erledigen die langen Staubblätter das Hinterteil und den Rücken. Fotos: M. Neitzke


Weitere Arten mit Blüten mit Schnelleinrichtung bzw. Schnellmechanismus finden sich bei der Gattung Medicago (Schneckenklee) und Ginster (Genista).[6, 8]




Arten mit Blüten mit Schnellmechanismus sind der Behaarte Ginster (Genista pilosa) (links), der Färber-Ginster (Genista tinctoria) (Mitte) und die Luzerne (Medicago sativa) (rechts). Fotos: M. Neitzke


Frucht


Die Frucht ist meist eine aufspringende Hülse.[1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 10] Die Hülsen sind aus einem Fruchtblatt hervorgegangen. Sie besitzen daher keine falsche Scheidewand wie die Schoten, die durch die Verwachsung von 2 Fruchtblättern entstanden sind. Das Fruchtblatt ist um die Mittelrippe (Rückennaht) gefaltet und mit den Rändern (Bauchnaht) verwachsen. Da die Samenanlagen an den Rändern des Fruchtblatts entstehen, finden sich Samenanlagen und Samen nur an der Bauchnaht. Die Frucht öffnet sich bei Reife mit 2 Klappen (Valven) an der Bauchnaht und Mittelrippe (Rückennaht).





Bei den Hülsen der Breitblättrigen Platterbse (Lathyrus latifolius (links)) und dem Gewöhnlichen Besenginster (Cytisus scoparius (Mitte)) sind die an der Bauchnaht stehenden Samen durch die Valven zu erkennen. Rechts: Reife Hülse der Vogelwicke (Vicia cracca), die reifen Samen stehen an der Bauchnaht. Fotos: M. Neitzke

Die Hülse der Fabaceae gehört zu den Streufrüchten, die sich bei Reife sowohl an der Bauch- als auch an der Rückennaht (Mittelrippe) öffnet und die Samen entlässt. Übrig bleiben die beiden Valven.





Die reifen Hülsen der Vogelwicke (Vicia cracca) (links) sind an Bauch- und Rückennaht aufgerissen und haben die Samen ausgestreut (rechts). Fotos: M. Neitzke

Die Hülse kann in seltenen Fällen als Gliederhülse (Ornithopus (Vogelfuß), Hippocrepis (Hufeisenklee), Securigera (Beilwicke), Hedysarum (Süßklee)) und als einsamige Nuss (Schließfrucht), z.B. bei Trifolium (Klee) ausgebildet sein. Eine Gliederhülse zerfällt bei Reife in 1samige Stücke (Bruchfrucht). 




Gliederhülse der Kronenwicke (Securigera varia). Bereits bei den noch unreifen Früchten sind die Trennwände zwischen den einzelnen, die Samen enthaltenden Kammer an der dunkleren Färbung zu erkennen (links). Die reifen, trockenen Gliederhülsen zerfallen in einsamige Bruchstücke (Mitte, rechts). Fotos: M. Neitzke

Blütenstände


Der Blütenstand ist meist eine Traube.[4, 7] Daneben treten auch Dolden auf und Blüten, die einzeln oder zu zweit in den Blattachseln stehen.




Bei den Hülsenfruchtgewächsen treten als Blütenstand eine aufrechte Traube wie bei Vogelwicke (Vicia cracca) (links) oder eine hängende Traube wie bei dem Goldregen (Laburnum anagyroides) (rechts) auf. Fotos: M. Neitzke




Dolde bei Lotus corniculatus (Hornklee), Foto: M. Neitzke, Doppeltraube bei Melilotus officinalis (Echter Steinklee) C. A. M. Lindman (1901-1905)

Blätter


  • wechselständig
  • bei den meisten Arten gefiedert (dreizählig bis mehrfach gefiedert)
  • sowohl paarig gefiederte Blätter (Endfieder ist zu einer Blattranke umgewandelt),
  • als auch unpaarig gefiedert Blätter (einzelne Endfieder vorhanden)
  • die meisten Arten besitzen Nebenblätter (Stipeln) an der Blattbasis
  • die Nebenblätter können zu Dornen (Stipulardornen) umgewandelt sein, z.B. Robinia (Robinie)
  • an der Unterseite der Nebenblätter können extraflorale Nektarien ausgebildet sein, die regelmäßig von Ameisen besucht werden.
  • bei einigen Arten treten einfache, ungeteilte Blätter auf (z.B. Genista)
  • In Ausnahmefällen tritt eine starke Reduktion der Blattfläche ein, wie z.B. bei Lathyrus aphaca (Ranken-Platterbse).




Paarig gefiedertes Fiederblatt der Zaunwicke (Vicia sepium). Das Endblättchen ist in eine Ranke umgewandelt. An der Unterseite der Nebenblätter befinden sich schwarze Nektarien. Da diese Nektarien sich nicht in den Blüten befinden werden sie als extraflorale Nektarien bezeichnet. Der von ihnen produzierte Nektar wird vor allem von Ameisen geschätzt. Fotos: M. Neitzke




 


Unpaarig gefiedertes Fiederblatt der Robinie (Robinia pseudacacia). Foto: M. Neitzke


Bei der Ranken-Platterbse (Lathyrus aphaca) ist das eigentliche Blatt vollständig in eine Ranke umgewandelt. Als Assimilationsorgan fungieren nur die großen Nebenblätter.[3] Foto: M. Neitzke


Bei der Wiesen-Platterbse (Lathyrus pratensis, rechts) ist die Endfieder, bei der Zaunwicke (Vicia sepium, links) sind die Endfieder und die oberen Seitenfiedern zu Ranken umgewandelt. Es sind Kletterpflanzen, die sich mit Hilfe der berührungsempfindlichen Ranken an ihren Unterlagen festklammern und emporwachsen.[3] Fotos: M. Neitzke





Bei dem Färberginster (Genista tinctoria) ist die Fiederzahl auf eins reduziert. Foto: M. Neitzke


Der Weißklee (Trifolium repens) besitzt 3zählig gefiederte Blätter. Fotos: M. Neitzke

Literatur:



  1. Bayton, R. & Maughan, S. (2018): Pflanzenfamilien. Haupt, Bern.
  2. Bresinsky, A., Körner, C., Kadereit, J. W., Neuhaus, G. & Sonnewald, U. (2002): Strasburger – Lehrbuch der Botanik. 35. Aufl. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg.
  3. Danert, S., Hammer, K., Hanelt, P., Kruse, J., Helm, J., Lehmann, O. & J. Schultze-Motel (1993): Urania-Pflanzenreich – Blütenpflanzen 1., Urania- Verlag, Leipzig, Jena, Berlin, 590 S.
  4. Graf, J. (1975): Tafelwerk zur Pflanzensystematik. J.F. Lehmanns Verlag, München. 161 S.
  5. Frohne, D. & U. Jensen (1998): Systematik des Pflanzenreichs. 5. Aufl., Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, 371 S.
  6. Heß, D. (1990): Die Blüte. 2. Aufl. Ulmer, Stuttgart, 458 S.
  7. Jäger, E.J. (Hrsg.) (2011): Rothmaler - Exkursionsflora von Deutschland. Gefäßpflanzen: Grundband. 20. Aufl., Springer Spektrum, Berlin Heidelberg.
  8. Kugler, H. (1970): Blütenökologie, Gustav Fischer Verlag, Stuttgart, 345 S.
  9. Lindman, C. A. M. (1901-1905): Bilder ur Nordens Flora.
  10. Senghas, K. & Seybold, S. (2003): Schmeil – Fitschen - Flora von Deutschland. 92. Aufl., Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim.
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